Leitsatz

1. Allein der Umstand, dass ein in der Steuerberaterprüfung mitwirkender Prüfer Vorsitzender eines Instituts ist, das Vorbereitungskurse für die Steuerberaterprüfung gegen Entgelt anbietet, begründet für einen Prüfling, der nicht Kunde dieses Instituts gewesen ist, nicht die Besorgnis der Befangenheit dieses Prüfers.

2. Es ist eine Frage des Einzelfalls und eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, ob die Prüfer ihre Stellungnahme zum Ergebnis des Überdenkungsverfahrens ausreichend begründet haben.

3. Es liegt im prüfungsspezifischen Ermessen des Prüfers, ob er einem Prüfling am Ende des von diesem gehaltenen Vortrags eine Zusatzfrage stellt und wann er das Prüfungsgespräch mit einem Prüfling beendet und keine weitere Ergänzung der Ausführungen mehr zulässt.

4. Geben die Prüfer zur Begründung ihrer Bewertung der Prüfungsleistung u.a. an, dass der Prüfling Ausführungen zu einem bestimmten Thema hat vermissen lassen, so ist davon auszugehen, dass dieser Gesichtspunkt kausal für die Bewertung der Prüfungsleistung gewesen ist. Die Frage, ob der Prüfling die betreffenden Ausführungen gemacht hat, ist eine vom Tatrichter zu klärende Frage.

 

Normenkette

§ 82 AO , § 83 AO , § 84 AO , § 37 StBerG , § 164a Abs. 1 StBerG , § 29 DVStB , § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO , § 126 Abs. 4 FGO

 

Sachverhalt

Die Steuerberaterprüfung des Klägers war nach dem Ergebnis des Mündlichen für nicht bestanden erklärt worden. Mit der dagegen erhobenen Klage wurde geltend gemacht, dass der Prüfungsausschuss falsch besetzt gewesen sei, weil ein Prüfer nach dem Tag der mündlichen Prüfung zum 1. Vorsitzenden eines Fachinstituts berufen worden sei, welches Vorbereitungskurse für die Steuerberaterprüfung gegen Entgelt anbiete. Seither stehe er in einem Interessenkonflikt, Hörer seines Instituts in der Steuerberaterprüfung möglichst gut abschneiden zu lassen, während durchgefallene Kandidaten künftige Kunden seien. Er habe deshalb am vom Kläger angestrengten Überdenkungsverfahren nicht mehr teilnehmen dürfen.

Ferner seien die Prüfer auf seine zum Überdenken vorgetragenen Einwendungen nicht ausreichend eingegangen. In der mündlichen Prüfung sei der Kläger überdies dadurch benachteiligt worden, dass ihm anders als anderen Prüflingen keine Zusatzfrage gestellt worden sei.

 

Entscheidung

Die Klage hatte – wie so viele Prüfungsanfechtungen – auch vor dem BFH keinen Erfolg.

Der Prüfer sei nicht gem. § 82 Abs. 1 AO ausgeschlossen gewesen; der in Satz 2 genannte Ausschlussgrund, wonach einem ausgeschlossenen Beteiligten gleich steht, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann, sei nicht einschlägig, wenn der Vor- oder Nachteil erst mittelbar durch Folgeakte oder das Hinzutreten weiterer Umstände (hier z.B.: verstärkten "Zulauf" zu dem Fachinstitut) eintritt.

Befangenheit gegenüber dem Kläger sei ebenfalls nicht zu besorgen; sie könne allein aus der Bestellung zum 1. Vorsitzenden des Fachinstituts und der nur theoretischen Möglichkeit, dass er nunmehr gegenüber Prüflingen, die nicht Kunden dieses Instituts waren, voreingenommen sein könnte, nicht hergeleitet werden. Die Korrespondenz zwischen dem Ausschlussgrund "unmittelbarer Vorteil" und der Befangenheitsvorschrift verlange, dass zu der bloßen potenziellen Vorteilserwartung besondere Umstände hinzuträten, welche die Besorgnis der Befangenheit begründen.

Das Überdenkungsverfahren sei auch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Ob die Prüfer in ihrer schriftlichen Stellungnahme das Ergebnis des Überdenkens der Bewertung der Prüfungsleistung in ausreichend nachvollziehbarer Weise begründet haben, sei im Wesentlichen eine dem Tatrichter vorzubehaltende Würdigung. Die Würdigung des FG sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es genüge, dass die Stellungnahme des Prüfungsausschusses erkennen lasse, dass der Kläger mit seinen Einwendungen gegen die Benotung seiner Prüfungsleistungen gehört worden ist.

Der BFH hat schließlich auch die Aufklärungsrüge des Klägers zurückgewiesen: Allerdings sei es der Sinn einer Begründung der Prüfungsentscheidung, den Prüfling darüber zu informieren, auf welchen Erwägungen die Bewertung seiner Prüfungsleistung durch die Prüfer beruht. Werde also von den Prüfern eine Begründung abgegeben, könne davon ausgegangen werden, dass die dort aufgeführten Gesichtspunkte für die Bewertung durch die Prüfer kausal gewesen sind. Das FG dürfe folglich eine Beweiserhebung darüber, ob die in der Begründung angeführten Tatsachen zutreffen, nicht unter Berufung auf eigene Bewertungsgesichtspunkte (dahin, dass auch ohne diese Gründe der Prüfungsentscheidung diese nicht besser hätte ausfallen können) unterlassen. Der Kläger habe aber nicht in der erforderlichen Weise die Beweismittel benannt, die zur weiteren Sachaufklärung zur Verfügung gestanden hätten.

 

Hinweis

1. Prüfungsentscheidungen können vom Gericht auch nach neuester Rechtsprechung – nach wie vor – nur beschränkt überprüft werden. Das liegt an der Sache selbst. Denn prüferische Bewertungen...

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