Leitsatz

Die Regelung des § 5 Abs. 3 des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes ist verfassungsgemäß. Insbesondere verstößt der automatische Finanzkonten-Informationsaustausch nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der hiervon betroffenen Steuerpflichtigen.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 3 FKAustG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der Übermittlung von Kontosalden eines in der Schweiz geführten Kontos bzw. Depots. Die Kontostände der Kläger übermittelten die Schweizer Behörden dem BZSt im Wege des automatischen Finanzkonten-Informationsaustauschs. Das BZSt speicherte und verarbeitete die Daten.

Die von den Klägern beantragte Löschung der Daten lehnte das BZSt ab, wogegen die Kläger klagten. Das FG (FG Köln, Urteil vom 27.10.2021, 2 K 2835/19, Haufe-Index 15062544, EFG 2022, 310) entschied, dass kein Unterlassungs- bzw. Löschungsanspruch aus verfassungsrechtlichen Gründen im Hinblick auf die vom BZSt durchgeführte Datenverarbeitung bestehe, da die der Datenverarbeitung zugrunde liegenden Vorschriften verfassungsgemäß seien.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Kläger als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

Die Bundesrepublik Deutschland sowie mehrere andere Staaten haben sich zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung dazu verpflichtet, Informationen zu Bankkonten auszutauschen (Mehrseitige Vereinbarung vom 29.10.2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten). Hierzu werden insbesondere die Kontostände ausländischer Bankkonten an die deutsche Steuerverwaltung übermittelt.

1. Nach § 5 Abs. 3 FKAustG nimmt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die von einer anderen zuständigen Behörde eines Staates übermittelten Daten entgegen, speichert sie und leitet sie zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens an die zuständige Landesfinanzbehörde weiter (§ 88 Abs. 3 und 4 AO). Betroffen sind jeweils nur die Daten der Finanzkonten, die in den in § 1 Abs. 1 FKAustG aufgeführten Staaten geführt werden. Hierzu gehört auch die Schweiz.

2. Dieser automatische Finanzkonten-Informationsaustausch verletzt nicht das aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Zwar ist die Verarbeitung und Speicherung der durch die Schweizer Behörden übermittelten Daten, insbesondere der Kontosalden, durch das BZSt ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Jedoch ist dieser Eingriff gerechtfertigt.

Die Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 3 FKAustG genügt dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit. Der Informationsaustausch darf auch nicht nur bei einer konkreten Gefahr erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.4.2006, 1 BvR 518/02, BVerfGE 115, 320 zur Rasterfahndung).

Die Norm des § 5 Abs. 3 FKAustG verfolgt ein verfassungslegitimes Ziel. Denn sie dient der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern und damit einem Ziel, welches aufgrund des aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebots steuerlicher Belastungsgleichheit selbst Verfassungsrang hat. Letztlich dient der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten der Sicherung der Steuerehrlichkeit und der Verhinderung von Steuerflucht.

3. Eine Benachteiligung der Kläger gegenüber Inhabern inländischer Konten sah der BFH nicht. Denn die Finanzbehörden können, sofern dies für die Besteuerung erheblich ist, bei inländischen Finanzinstituten unter den Voraussetzungen des § 93 AO den Kontostand abfragen. Eine solche Möglichkeit besteht für die deutsche Finanzverwaltung bei Auslandssachverhalten wegen des Territorialitätsprinzips nicht.

Soweit sich die Kläger insbesondere gegen die Mitteilung der Kontostände wandten, wies der BFH darauf hin, dass deren Übermittlung den Finanzbehörden zusätzlich die Möglichkeit zur Verifikation beziehungsweise Verplausibilisierung der übermittelten Erträge eröffnet.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.1.2024 – IX R 36/21

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