2.4.1 Fortführungsprämisse

Unter Verweis auf § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB werden zusätzliche Angaben im Anhang zur Begründung der weiteren Anwendung der Fortführungsprämisse nur in Zweifelsfällen, d.h. bei wesentlicher Unsicherheit bezüglich Ereignissen und Gegebenheiten, gefordert (vgl. IDW RS HFA 17 i.V.m. IDW PS 270 n.F., Tz. 9). Andernfalls ist davon auszugehen, dass der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt.

Für Unternehmen, die durch die negativen Effekte der kriegsbedingten Beschränkungen im Geschäftsjahr 2022 stark getroffen wurden, wird die Einschätzung der gesetzlichen Vertreter ausführlicher ausfallen müssen und beinhaltet ggf. auch weitere Annahmen über die Dauer des Krieges und die weiteren staatlichen Unterstützungsmaßnahmen. Bei erhöhter Unsicherheit erscheint zudem eine erklärende Anhangangabe trotz grundsätzlicher Einschätzung der Unternehmensfortführung dennoch als sinnvoll und notwendig.

2.4.2 Wesentlichkeitseinschätzungen

Anhangangabepflichten sind häufig explizit oder implizit durch den Wesentlichkeitsaspekt eingeschränkt. So fordern etwa § 285 Nr. 3 und 3a HGB, dass außerbilanzielle Geschäfte und sonstige finanzielle Verpflichtungen anzugeben sind, soweit dies für die Beurteilung der Finanzlage erforderlich bzw. von Bedeutung ist. Dies kann ggf. neu zu beurteilen sein, da durch den Ukraine-Krieg die Liquiditätslage nunmehr negativ beeinflusst wurde und somit eine Angabe etwa von bestehenden Leasingverträgen viel eher notwendig ist.

Auch die Erläuterung von nicht in der Bilanz gesondert ausgewiesener Rückstellungen ist nach § 285 Nr. 12 HGB nur notwendig, wenn sie einen nicht unerheblichen Umfang haben. Hiermit könnten somit ggf. Erläuterungspflichten entfallen, wenn die Rückstellungen insgesamt stark gestiegen sind und damit die Wesentlichkeit einzelner anderer gesunken ist.

2.4.3 Mitarbeiterzahl

Die nach § 285 Nr. 7 HGB geforderte Zahl der durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer wird nicht nach Vollzeitäquivalenten angegeben, sondern es zählt jedes Beschäftigungsverhältnis unabhängig von der vereinbarten Wochenstundenzahl. Somit zählen auch kurzarbeitende Beschäftigte voll bei der Ermittlung dieser Zahl. Analog zu § 267 HGB kann die Zahl als Durchschnitt auf Basis der vier Quartalsendwerte des Geschäftsjahrs berechnet werden.

2.4.4 Finanzanlagen

Wurde wegen einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung von Finanzanlagen von einer außerplanmäßigen Abschreibung abgesehen, sind im Anhang die Gründe für das Unterlassen der Abschreibung sowie die Anhaltspunkte dafür zu nennen, dass die Wertminderung voraussichtlich nicht von Dauer ist (§ 285 Nr. 18 Buchst. b HGB).

2.4.5 Rückstellungen

Beachtet werden sollte aus der Sicht des IDW im Falle eingegangener Haftungsverhältnisse und der Nichtpassivierung einer Rückstellung, da die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme als nicht so hoch eingeschätzt wird, eine Angabe der Gründe für die diese Einschätzung (§ 285 Nr. 27 HGB; (Fachlicher Hinweis, 4. Update, S. 26).

2.4.6 Außergewöhnliche Aufwendungen und Erträge

Auf die Darstellung des geforderten Ausweises des Betrags und der Art der einzelnen Erträge und Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder Bedeutung (§ 285 Nr. 31 HGB) sollte besonders Wert gelegt werden. Denn durch den klaren Ausweis im Anhang, was – vom Abschlussprüfer testiert – im Geschäftsjahr als außergewöhnlicher Effekt des Krieges bzw. der Sanktionen anzusehen ist, kann die Kommunikation etwa mit Kreditgebern positiv unterstützen.

2.4.7 Außergewöhnliche Bedeutung und außergewöhnliche Größenordnung

Sowohl Erträge und Aufwendungen von außergewöhnlicher Bedeutung – für die nach der Gesetzesbegründung weiterhin die von der Praxis bisher entwickelte (enge) Abgrenzung von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit weiter herangezogen wird – als auch die Beträge von außergewöhnlicher Größenordnung sind im Anhang anzugeben. Beides dürfte auf die Auswirkungen der Ukraine-Krieges bei vielen Unternehmen zutreffen, da diese im Vorfeld nicht vorhersehbar und weder der Art noch der Höhe nach kalkulierbar waren. Dabei müssen die Folgen des Krieges bzw. die daraufhin erlassenen Sanktionen zu Störungen des Geschäftsablaufs geführt haben, die das für die betrieblichen Verhältnisse übliche Maß überschritten haben. Eine Tabelle mit der Benennung von Bezeichnung, Art und Betrag reicht aus. Es erscheint darüber hinaus sinnvoll, freiwillig eine Erläuterung in den Anhang aufzunehmen. Voraussetzung ist, dass die Beträge prüfungssicher erfasst werden, was gerade durch das betroffene operative Geschäft und der Vermengung von gewöhnlichen und außergewöhnlichen Aufwendungen und Erträgen durchaus anspruchsvoll ist und bezüglich der Kriterien klar gegenüber dem Abschlussprüfer zu dokumentieren ist.

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