Leitsatz

1. Die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten ist grundsätzlich keine Einnahmenüberschussrechnung i.S.v. § 4 Abs. 3 EStG.

2. Hat ein Kläger sein Gewinnermittlungswahlrecht zugunsten der Einnahmenüberschussrechnung ausgeübt, so ist sein (Hilfs-)Antrag auf eine "Rücklage nach § 6b EStG in Höhe des Veräußerungsgewinns" dahin auszulegen, dass er eine Neutralisierung des Gewinns durch einen Abzug nach § 6c Abs. 1 EStG begehrt.

3. Die für die §‐6c-EStG- oder §‐6b-EStG-Rücklage erforderliche Dokumentation kann auch noch im zweiten Rechtsgang geschaffen oder dargelegt werden.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1, § 4 Abs. 3, § 6b Abs. 3, § 6c Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger vertrat die Auffassung, er habe eine Betriebsaufspaltung im Herbst 1994 beendet und danach durch Einnahmen aus der Grundstücksüberlassung an die von ihm beherrschte GmbH sowie den Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks zum 1.1.1997 keine gewerblichen Gewinne erzielt. Hilfsweise begehrte er für 1997 eine Rücklage nach § 6b EStG in Höhe des Veräußerungsgewinns.

Das FG Düsseldorf (Urteil vom 16.12.2009, 9 K 3626/06 E, G) wies die Klage ab. Es entschied, die Betriebsaufspaltung sei fortgesetzt worden, und die Rücklage könne nicht gebildet werden, weil der Kläger seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt habe.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück, soweit sie die Jahre 1994 bis 1996 betraf, weil die Betriebsaufspaltung fortbestanden hatte. Hinsichtlich des Jahres 1997 wurde das FG-Urteil aufgehoben. Im zweiten Rechtsgang sind nochmals die Voraussetzungen des § 6b und § 6c EStG zu prüfen.

 

Hinweis

1. Der personellen Verflechtung steht nicht entgegen, wenn Pachtverträge über die für den Betrieb genutzten Grundstücke nur mit Zustimmung einer Minderheitsgesellschafterin – hier die Mutter des Mehrheitsgesellschafters und Grundstückseigentümers – geändert werden können und diese als ­Nur-Betriebsgesellschafterin am Besitzunternehmen (den Grundstücken) nicht beteiligt ist. Das ist nicht neu.

2. Wer die Überlassung seines Grundstücks (unzutreffend) nicht als Betriebsaufspaltung, sondern als Vermietung und Verpachtung beurteilt, will keinen Gewinn, sondern Überschusseinkünfte ermitteln. Stellt sich heraus, dass gewerbliche Einkünfte erzielt wurden, fragt sich, ob der Gewinn des nicht buchführungspflichtigen Besitzunternehmens nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln ist.

3. Dafür ist zunächst maßgeblich, ob das Gewinn­ermittlungswahlrecht bereits ausgeübt wurde:

Das Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist erst dann ausgeübt, wenn eine Eröffnungsbilanz aufgestellt, eine kaufmännische Buchführung eingerichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen ein Abschluss gemacht wurde.

Auf eine Einnahmenüberschussrechnung ist ein Stpfl. nach dem BFH-Urteil vom 16.9.2009, X R 48/07, BFH/NV 2010, 212 jedenfalls dann nicht bereits durch die Sammlung von Belegen usw. zur Ermittlung von Überschusseinkünften festgelegt, wenn dadurch nicht die Minimalanforderungen einer Einnahmenüberschussrechnung erfüllt werden. Was zu diesen Minimalanforderungen gehört, hat der BFH noch nicht entschieden: Muss dazu ein Verzeichnis des Anlagevermögens angelegt (§ 4 Abs. 3 Satz 5 EStG) und der Veräußerungspreis als Betriebseinnahme erfasst werden? Oder setzt die Ausübung eines Wahlrechts doch ein entsprechendes Bewusstsein voraus (vgl. § 119 Abs. 1 BGB), sodass selbst nach einer den Formalien des § 4 Abs. 3 EStG genügenden Ermittlung vermeintlicher Überschuss­einkünfte der Gewinn noch durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden kann?

4. Wer der Besteuerung des Gewinns aus einer Grundstücksveräußerung mit dem Argument entgegentritt, dieses habe zum Privatvermögen gehört, kann hilfsweise begehren, den Veräußerungsgewinn durch eine Rücklage nach § 6b EStG oder den Abzug nach § 6c Abs. 1 Nr. 2 EStG zu neutralisieren. Wenn der Klagantrag die falsche Vorschrift nennt, also bei Bilanzierung § 6c oder bei Einnahmenüberschussrechnung § 6b EStG, so hat das FG den Antrag sachdienlich auszulegen und die tatsächlich in Betracht kommende Vorschrift zu prüfen.

5. Der BFH brauchte nicht auf die Frage einzugehen, ob die Rücklagenbildung voraussetzt, dass der Buchnachweis i.S.v. § 6b Abs. 4 Nr. 5 EStG bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung erbracht wurde, obwohl z.B. eine Bilanzberichtigung und die kompensierende Bilanzänderung erst zu erfolgen haben, wenn deren Zulässigkeit gerichtlich geklärt ist (BFH, Urteil vom 17.7.2008, I R 85/07, BStBl II 2008, 924) und von dem sich auf die fehlende Steuerbarkeit berufenden Kläger anderenfalls widersprüchliches Verhalten verlangt würde. Der Kläger würde dann zunächst unterliegen und müsste nach Ergehen des FG-Urteils den Buchnachweis als rückwirkende Tatsache (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) erstellen (vgl. BFH, Urteil vom 30.8.2001, IV R 30/99, BStBl II 2002, 49).

Im Streitfall genügte der Hinweis, dass die Voraussetzungen der Gewinnübertragung nach § 6b oder § 6c EStG auch no...

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