Leitsatz

Erwirtschaftet eine ausländische Gesellschaft, die einer aktiven Betätigung nachgeht, auch gleichzeitig passive Einkünfte (§ 8 Abs. 1 Nr. 1-9 AStG), ist zu prüfen, ob diese passiven Einkünfte als eigenständig zu betrachten und somit als schädlich zu behandeln sind oder ob sie auf Grund der funktionalen Betrachtungsweise (§ 8 Abs. 1 AStG) lediglich Folge- oder Nebeneinkünfte der aktiven Betätigung darstellen und somit unschädlich sind. Die Frage, ob der funktionale Zusammenhang mit aktiven Einkünften besteht, ist bezogen auf Zinseinkünfte ohne Relevanz, wenn die erzielten Zinserträge die auch in diesem Zusammenhang zu beachtende Bagatellgrenze (10%) nicht überschreiten.

 

Sachverhalt

Die Kläger waren zu mehr als der Hälfte an einer schweizerischen AG beteiligt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Streitjahre vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die AG neben Einkünften aus aktiver Tätigkeit auch Einkünfte aus passivem Erwerb (Zinserträge aus umlaufenden Finanzmitteln) erzielt habe, die nach dem AStG der Hinzurechnungsbesteuerung unterlägen. Gegen die dementsprechenden Hinzurechnungsbescheide wurde Einspruch eingelegt, der als unbegründet zurückgewiesen wurde. Mit der Klage wenden sich die Kläger gegen die Hinzurechnungsbesteuerung mit der Begründung, dass die Zinserträge in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus der aktiven Tätigkeit der AG stünden. Es läge lediglich eine betriebsbedingte Zwischenanlage vor, da das verzinste Kapital zur Finanzierung künftiger Investitionen der AG bestimmt sei, was durch intensive Kaufverhandlungen nachgewiesen werden könne. Nach der funktionalen Betrachtungsweise müssten daher diese Erträge der aktiven Tätigkeit zugeordnet werden. Darüber hinaus betrügen die Zinserträge nur ca. 2% der gesamten Bruttoerträge, so dass das wirtschaftliche Schwergewicht der AG eindeutig im aktiven produzierenden Bereich liege. Das Finanzamt beantragt hingegen, die Klage abzuweisen mit der Begründung, dass es sich bei der Verleihung von Kapital grundsätzlich um eine passive Tätigkeit handele, die nur in sehr engen Grenzen auf Grund der funktionalen Betrachtungsweise als dem aktiven Tätigkeitsbereich zugehörig angesehen werden kann. Da die AG darüber hinaus ihre erwirtschafteten Gewinne rund 18 Jahre nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet habe, könne auch nicht mehr von aus kurzfristigen Zwischenanlagen stammenden unschädlichen Zinserträgen gesprochen werden.

 

Entscheidung

Nach der Auffassung des Gerichts ist die Klage begründet. Es kann im Streitfall dahinstehen, ob der von den Klägern dargestellte funktionale Zusammenhang der Zinseinnahmen mit den aktiven Einkünften besteht, denn die von der AG in den Streitjahren erzielten Zinserträge überschreiten eine - nach Auffassung des Senats auch hier zu beachtende - Bagatellgrenze von 10% der gesamten Bruttoerträge der AG nicht. Die AG erzielte daher ihre Bruttoerträge "fast ausschließlich" aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 2 AStG fallenden Tätigkeiten, so dass die Zinseinnahmen der aktiven Tätigkeit zuzurechnen sind und eine Hinzurechnungsbesteuerung daher entfällt. Diese Rechtsfolge entspreche der Intention des § 8 Abs. 2 AStG, bei einer ausschließlich oder fast ausschließlich aktiven Tätigkeit die restlichen passiven Einkünfte im Rahmen einer Toleranzgrenze außer Acht zu lassen. Die Revision wurde zugelassen.

 

Hinweis

Das Urteil stellt mit der Anwendung der Freigrenze (§ 9 AStG) auch für § 8 AStG eine Erleichterung für den Steuerpflichtigen bezüglich der Behandlung geringfügiger passiver Einkünfte dar, da der unter die Bagatellgrenze von 10% fallende Anteil der passiven Einkünfte ohne eine aufwändige Prüfung des funktionalen Zusammenhangs mit aktiven Einkünften nicht im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung zu erfassen ist. Die absolute Höhe der Beträge ist daher ohne Bedeutung. Das Urteil des FG Münchens ist somit im Hinblick auf eine Rechtsvereinfachung - sofern davon überhaupt im Bereich des AStG gesprochen werden kann - zu begrüßen.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Gerichtsbescheid vom 27.10.2003, 7 K 1385/00

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