Rz. 24

Für die Rechnungslegung einer deutschen gewerblich tätigen Spitzeneinheit – handelsrechtlich als Kaufmann eingeordnet – sind grundsätzlich die Regelungen des Dritten Buchs des HGB maßgeblich; für die betrachteten Rechtsformen der gewerblich tätigen Spitzeneinheit – Einzelkaufmann, Personenhandelsgesellschaft und Kapitalgesellschaft – sind die relevanten Rechtsnormen auf den ersten und zweiten Abschnitt (§§ 238335c HGB) beschränkt. Darin sind die folgenden Themen der Rechnungslegung geregelt:

  • Erster Abschnitt: Vorschriften für alle Kaufleute (§§ 238263 HGB) mit Regelungen zur Buchführung und zum Inventar, zur Erstellung des Jahresabschlusses mit Ansatz-, Bewertungs- und Aufbewahrungsvorschriften.
  • Zweiter Abschnitt: Ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Persondenhandelsgesellschaften (§§ 264335c HGB), insbesondere mit Regelungen zum

    • Jahresabschluss mit Bilanz, GuV und Anhang sowie zum Lagebericht (erster Unterabschnitt, §§ 264289f HGB),
    • Konzernabschluss mit Konzernbilanz, -GuV und -anhang sowie zum Konzernlagebericht nach HGB und IFRS (zweiter Unterabschnitt, §§ 290315e HGB),
    • Prüfung des Jahres- und des Konzernabschlusses (§§ 316324a HGB) und
    • Offenlegung des Jahres- und des Konzernabschlusses (§§ 325329 HGB).
 

Rz. 25

Zuletzt enthält der zweite Abschnitt noch Sanktionsvorschriften (§§ 331335b HGB). Rechtsformspezifisch enthalten das GmbHG und das AktG noch besondere Rechnungslegungsvorschriften z. B. zur Buchführung, zur Verwendung des Jahresüberschusses, zum Kapitalausweis sowie zur Vorlage, Feststellung, Prüfung und Nichtigkeit des Jahresabschlusses;[1] das PublG regelt zudem die Rechnungslegung bestimmter großer Unternehmen – in diesem Zusammenhang die der Spitzeneinheit in der Rechtsform des Einzelkaufmanns und der nicht haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaften – sowie ggf. deren Konzernrechnungslegung.[2]

 

Rz. 26

Die deutsche (gewerblich tätige) Spitzeneinheit ist als handelsrechtlicher Kaufmann rechnungslegungspflichtig.[3] Sie hat daher Bücher zu führen und ist zur Aufstellung eines Jahresabschlusses und (rechtsform- und größenabhängig) ggf. zur Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses verpflichtet.[4] Dieser Jahresabschluss enthält auch die Anteile an der ausländischen Tochter(kapital)gesellschaft (siehe Abbildung 3). Dabei ist unerheblich, auf welchem Weg die Spitzeneinheit die Mitgliedschaft an der ausländischen Tochter(kapital)gesellschaft – ob im Zuge der Gründung durch Anteilsübernahme oder, falls die ausländische Gesellschaft bereits besteht, durch Anteilserwerb – begründet hat. Wirtschaftlich gesehen handelt es sich um eine Kapitalüberlassung an das Tochterunternehmen im Ausland. Sie berechtigt zur Mitwirkung an der Willensbildung des Unternehmens durch die Ausübung von Stimm-, Auskunfts- und Anfechtungsrechten und verleiht grundsätzlich einen Anspruch auf einen Anteil am erwirtschafteten Gewinn und am Liquidationserlös (wirtschaftliches Miteigentum); eine Rückzahlungsverpflichtung besteht grundsätzlich nicht. Die Verbriefung des Anteils ist nicht erforderlich.[5]

 

Rz. 27

Handelt es sich bei der Spitzeneinheit um eine Kapitalgesellschaft oder eine andere Rechtsform, die die Größenmerkmale des § 11 Abs. 1 PublG erfüllt, und kann diese auf die ausländische Tochter(kapital)gesellschaft unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben, so hat die Spitzeneinheit gem. § 290 HGB einen Konzernabschluss aufzustellen und die Tochter(kapital)gesellschaft im Wege der Vollkonsolidierung einzubeziehen. Dazu werden die Jahresabschlüsse der Spitzeneinheit und der ausländischen Tochter(kapital)gesellschaft vereinheitlicht und "addiert", um dann im Rahmen des Konsolidierungsprozesses korrespondierende Doppelerfassungen zu eliminieren; ggf. verbleibende Differenzen – wie z. B. eines Geschäfts- oder Firmenwerts ("Goodwill") bzw. eines "Badwill" – werden im Konzernabschluss ausgewiesen.

 

Rz. 28

Existieren keine weiteren einzubeziehenden Tochterunternehmen und wird auf die Einbeziehung der ausländischen Tochter(kapital)gesellschaft in den Konzernabschluss nach § 296 HGB verzichtet, entfällt gem. § 290 Abs. 5 HGB die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses. Wird aufgrund der Existenz anderer einzubeziehender Tochter(kapital)gesellschaften ein Konzernabschluss erstellt, ist die Quoten- oder Equity-Konsolidierung der ausländischen Tochter(kapital)gesellschaft möglich, sofern dieses als Gemeinschafts- oder assoziiertes Unternehmen gemäß §§ 310 bzw. 311 HGB zu qualifizieren ist (siehe Abbildung 3).

Abb. 3: Handelsrechtliche Rechnungslegung der deutschen Spitzeneinheit

[2] Vgl. zur Rechnungslegung §§ 1–10 PublG, zur Konzernrechnungslegung die §§ 1115 PublG.
[3] Vgl. Rz. 10 f.
[4] Vgl. hierzu sehr ausführlich "Jahresabschluss nach HGB: Überblick".
[5] Vgl. Grottel/Kreher, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 271 Rz. 13, zum objektiven Merkmal "Anteil" Müller/Saile, "Beteili...

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