2.3.1 Steuerrechtliche Pflichten in Deutschland

 

Rz. 17

In Deutschland erfolgt die Ertragsbesteuerung vorrangig nach dem Wohnsitzstaatsprinzip, wonach eine deutsche Spitzeneinheit mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht mit ihrem Welteinkommen (Universalitätsprinzip) unterliegt. Je nach Rechtsform der deutschen Spitzeneinheit – Einzelunternehmen, Personen(handels)gesellschaft oder Kapitalgesellschaft – ist diese selbst oder sind deren Gesellschafter Steuersubjekt. Bei Spitzeneinheiten in der Rechtsform des Einzelunternehmens ist die natürliche Person des Einzelunternehmers selbst Steuersubjekt; sie unterliegt, sofern Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland, der unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG. Gleiches gilt für die Gesellschafter einer deutschen Personen(handels)gesellschaft, da nach dem Transparenzprinzip die von der Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) erzielten Gewinne den Gesellschaftern (Mitunternehmern) zugerechnet werden und bei diesen einkommensteuerlich erfasst werden.[1] Hat die Gesellschaft nach § 1a KStG optiert, ist diese – wie auch die Kapitalgesellschaft – als deutsche Spitzeneinheit aufgrund des Trennungsprinzips selbst Steuersubjekt und – sofern sie ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz in Deutschland hat – unbeschränkt steuerpflichtig gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 KStG. Steuerobjekt der unbeschränkt Steuerpflichtigen ist das sog. Welteinkommen.[2]

 

Rz. 18

Wie in Abbildung 2 dargestellt, können im Rahmen der grenzüberschreitenden Unternehmensverbindung folgende ertragsteuerliche Belastungen resultieren:

  1. ausländische Gewinnsteuer auf den originären Gewinn der Auslandskapitalgesellschaft ("1. Gewinnsteuer"),
  2. ausländische Quellensteuer auf die Ausschüttung (Dividende) zur deutschen Spitzeneinheit und ggf. auf sonstige Entgelte ("2. Quellensteuer"),
  3. deutsche Gewinnsteuern auf die erhaltene Dividende und sonstige Entgelte ("3. Gewinnsteuer").

Dieser Mehrfachbesteuerung kann sowohl unilateral als auch – bei Vorliegen eines DBA – bilateral entgegnet werden, wobei deren Wirksamkeit auch von der Höhe des Anteilsbesitzes abhängt.[3]

 

Rz. 19

Unabhängig von der Ausschüttung unterliegen auch die weiteren Gewinne der deutschen Spitzeneinheit der Gewinnbesteuerung ("Gewinnsteuer"). Wurde die Auslandskapitalgesellschaft mit dem Ziel gegründet, Steuereinsparungen durch Verlagerung von Einkünften in Niedrigsteuerländer zu erreichen (sog. Basisgesellschaft), hält das deutsche Steuerrecht Abwehrmaßnahmen – Durchgriffsbesteuerung nach AO, Hinzurechnungsbesteuerung nach AStG – bereit; auf diese wird im Rahmen dieses Beitrags nicht weiter eingegangen.[4]

 

Rz. 20

Die steuerliche Gewinnermittlung und die resultierende Besteuerung basieren gem. § 158 AO auf der Buchführung und den Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den §§ 140 bis 148 AO entsprechen müssen. Für den handelsrechtlichen Einzelkaufmann, der nicht gem. § 241a HGB befreit ist, sowie alle anderen Kaufmannsformen der deutschen Spitzeneinheit ergibt sich gem. § 140 AO eine derivative steuerrechtliche Rechnungslegungspflicht.[5] Diese erfordert allerdings nicht die Erstellung einer eigenständigen Steuerbilanz (wie sie beispielsweise in den USA erstellt wird). Gem. § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV genügt es, dem Finanzamt eine unter Beachtung der steuerlichen Vorschriften angepasste Handelsbilanz vorzulegen ("Handelsbilanz mit Überleitungsrechnung"); die Erstellung einer Steuerbilanz ist möglich (§ 60 Abs. 2 Satz 2 EStDV). Basiert die Buchführung auf der Doppik, ist auch eine Gewinn- und Verlustrechnung beizufügen (§ 60 Abs. 1 Satz 3 EStDV). Bei der Anpassung der Handelsbilanz bzw. der Erstellung der Steuerbilanz hat die (handelsrechtlich rechnungslegungspflichtige) deutsche Spitzeneinheit den Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz zu beachten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 1. HS EStG): danach ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, "das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist".[6]

[3] Vgl. grundsätzlich zur laufenden Besteuerung der Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft Blumenberg/Hundeshagen, in Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, § 7 Rz 65 ff.; Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 8. Aufl. 2020, S. 582 ff.; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, S. 420 ff. sowie nachfolgende Ausführungen in Kapitel 4.
[4] Vgl. ausführlich Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, S. 398.
[5] Wegen vergleichbarer Umsatz- und Gewinngrenzen bleibt der handelsrechtlich befreite Kaufmann regelmäßig auch steuerrechtlich von der originären Buchführungspflicht des § 141 AO befreit, wovon – wie oben angenommen – bei der weiteren Betrachtung nicht ausgegangen wird.
[6] Vgl. Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 8. Aufl. 2020, S. 6 und 28.

2.3.2 Steuerrechtliche Pflichten im Ausland

 

Rz. 21

Bei Vorliegen ein...

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