2.2.1 Handelsrechtliche Rechnungslegungspflichten in Deutschland

2.2.1.1 Deutsche Spitzeneinheit: Rechnungslegungspflicht bzgl. Jahres- und Konzernabschluss

 

Rz. 7

Das Handelsrecht knüpft die Rechnungslegungspflicht der deutschen Spitzeneinheit – hier also des Gesellschafters der ausländischen Gesellschaft – an deren Kaufmannseigenschaft i. S. d. §§ 1 bis 6 HGB. Auch wenn beispielsweise der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht notwendigerweise ein Kaufmann sein muss, wird im Folgenden vereinfachend davon ausgegangen, dass es sich bei der inländischen Spitzeneinheit um einen (gewerblich tätigen) Kaufmann handelt. Demgemäß ist diese (gewerblich tätige) inländische Spitzeneinheit gem. § 238 HGB verpflichtet, "Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen".[1] Über diese Buchführungspflicht hinausgehend ist der Kaufmann gem. § 242 HGB jährlich zur Aufstellung eines Jahresabschlusses, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, verpflichtet. Einzelkaufleute, die an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen nicht mehr als jeweils 600.000 EUR Umsatzerlöse und jeweils 60.000 EUR Jahresüberschuss ausweisen, sind von der Buchführungs- und Aufstellungspflicht befreit;[2] in der weiteren Betrachtung wird angenommen, dass die Befreiungsgrenzen überschritten werden.

 

Rz. 8

Bei Spitzeneinheiten in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft (und haftungsbeschränkter Personenhandelsgesellschaften) ist der Jahresabschluss um einen Anhang zu erweitern; zudem ist ein Lagebericht aufzustellen.[3] Für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die keinen Konzernabschluss aufstellen müssen, wird der Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel erweitert; eine Segmentberichterstattung kann zusätzlich aufgenommen werden.[4] Nach der Generalnorm des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB hat der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Danach ist das Engagement in Form der ausländischen Personen- oder Kapitalgesellschaft als Aktivvermögen in der Bilanz der Spitzeneinheit auszuweisen; ebenso sind evtl. vorhandene Schuldverhältnisse bilanziell sowie mit dem Auslandsengagement zusammenhängende Erträge (und ggf. Aufwendungen) in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen. Bei Kapitalgesellschaften hängt der Bilanzausweis von der Höhe des Anteilsbesitzes ab; übersteigt dieser 20 % des Kapitals und dienen diese einer dauerhaften Verbindung, handelt es sich regelmäßig um eine Beteiligung i. S. d. § 271 HGB. Konzern-Tochterunternehmen, meist bei Beteiligungen von mehr als 50 %, sind als verbundene Unternehmen auszuweisen, Streubesitz als Wertpapiere.

 

Rz. 9

Eine Spitzeneinheit in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft oder der haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaft, die unmittel- oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausübt, ist zur Erstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts verpflichtet.[5] Wird die ausländische Gesellschaft als verbundenes Unternehmen in den Konzernabschluss einbezogen, werden im Rahmen der Konsolidierung konzerninterne Kapital-, Schulden- und Erfolgsverflechtungen eliminiert, damit unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der durch die inländische Spitzen- und ausländische Grundeinheit gebildeten wirtschaftlichen Einheit "Konzern" vermittelt wird.[6]

[3] Vgl. § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB; vgl. zu den Einschränkungen für Kleinst- und kleine Kapitalgesellschaften § 264 Abs. 1 Satz 4 und 5 HGB.

2.2.1.2 Auslandskapitalgesellschaft: keine Rechnungslegungspflicht in Deutschland

 

Rz. 10

Die handelsrechtlichen Rechnungslegungspflichten der ausländischen Tochter(kapital)gesellschaft (Auslandskapitalgesellschaft) wird nach den Maßstäben des internationalen Gesellschaftsrechts beurteilt, das seiner Natur nach nationales Recht ist. Grundsätzlich folgt die Bestimmung des Gesellschaftsstatuts und des anwendbaren Gesellschaftsrechts zwei gegensätzlichen (kollisionsrechtlichen) Theorien: nach der Sitztheorie unterliegt eine Gesellschaft derjenigen Rechtsordnung, die am Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes gilt; die Gründungstheorie hingegen bestimmt sich die Rechtsordnung nach dem Ort der Gründung, sodass dieses Gesellschaftsrecht auch nach Sitzverlegung anzuwenden ist. In Deutschland existiert allerdings bis heute kein kodifiziertes internationales Gesellschaftsrecht, so dass die Regeln durch die Rechtsprechung gesetzt werden. Danach folgt Deutschland traditionell und (bei dem betrachteten Outbound-Sachverhalt auch weiterhin) der Sitztheorie; Verwaltungssitz wird definiert als der Ort, an dem die Geschäftsführungsorgane tätig sind und die grundlegenden Entscheidungen effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden;[1] allerdings können A...

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