Leitsatz

1. Die mit Beurkundung der Auflassung und Erteilung der Eintragsbewilligung entstandene Steuer für eine Grundstücksschenkung entfällt rückwirkend, sobald die Schenkungsabrede vor Umschreibung des Eigentums im Grundbuch aufgehoben wird oder die Eintragungsbewilligung aus anderen Gründen nicht mehr zur Umschreibung führen kann.

2. Die Übertragung von Anteilen an einer GbR auf ein bisher daran nicht beteiligtes minderjähriges Kind durch die Eltern oder Großeltern bedarf der Zustimmung eines Ergänzungspflegers.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 181, § 184 Abs. 1, § 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB

 

Sachverhalt

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom Dezember 1995 verpflichteten sich der Vater und die Großeltern, der 1987 geborenen Klägerin schenkweise Grundbesitz sowie Anteile an einer GbR zu übertragen, behielten sich aber den Nießbrauch vor. Zugleich wurde hinsichtlich der Grundstücke die Auflassung erklärt. Bei Abschluss des Vertrags waren sämtliche Vertragspartner vollmachtlos vertreten.

Ihre Genehmigung des Vertrags sowie die Genehmigung der Mutter erfolgten erst 1996. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zuwendungen bereits 1995 oder erst 1996 ausgeführt wurden und noch die alten Einheitswerte oder bereits die neuen Grundbesitzwerte anzuwenden sind. Das FA und FG nahmen an, dass sämtliche Zuwendungen erst 1996 ausgeführt wurden.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Annahme des FA und FG bezüglich der Grundstückszuwendungen. Den während des Revisionsverfahrens vorgetragenen Einwand des FA, die Schenker hätten einige der betroffenen Grundstücke vor der Umschreibung auf die Klägerin an Dritte veräußert, hielt der BFH ungeachtet der revisionsrechtlichen Zulässigkeit (§ 118 Abs. 2 FGO) schon deshalb für unbeachtlich, weil in der Weiterveräußerung ein rückwirkendes Ereignis läge, dem gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO im Änderungsweg Rechnung zu tragen wäre.

Dagegen hatte die Revision der Klägerin hinsichtlich der GbR-Anteile Erfolg, aber nicht, weil diese Zuwendungen etwa schon 1995 ausgeführt worden seien, sondern weil es insoweit mangels Einschaltung eines Ergänzungspflegers gem. § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB überhaupt an einer Ausführung der Zuwendungen fehlt. Die Übertragung der GbR-Anteile an die bis dahin nicht an der GbR beteiligten Klägerin setzte den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags voraus. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags bringt jedoch für den neuen Gesellschafter nicht nur einen rechtlichen Vorteil.

Mit dem Anteil geht vielmehr ein Bündel von Rechten und Pflichten über (BGH, Urteil vom 10.2.1977, II ZR 120/75, BGHZ 68, 225). Daher können die Eltern, von denen zumindest einer selbst Gesellschafter ist, ein minderjähriges Kind dabei gem. § 1629 Abs. 2 Satz 1, § 1795 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 sowie § 181 BGB nicht vertreten.

 

Hinweis

Der Entscheidung lassen sich über die Leitsätze hinaus weitere bedeutsame Aussagen entnehmen:

1. Über den Zeitpunkt der Steuerentstehung ist nicht im Rahmen der Feststellung der Grundbesitzwerte zu befinden, sondern erst im Steuerfestsetzungsverfahren.

2. Stellt sich nach Ergehen eines Bescheids über die Feststellung eines Grundbesitzwerts heraus, dass keine Steuer entstanden ist, geht der Feststellungsbescheid ins Leere.

3. Die Rechtsprechung zum vorgezogenen Ausführungszeitpunkt bei Grundstücksschenkungen setzt nicht voraus, dass die Umschreibung des Grundstücks auf dem Beschenkten innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfolgt. Die Steuer entfällt vielmehr unter den im 1. Leitsatz genannten Voraussetzungen rückwirkend. Das heißt, sie ist erst einmal entstanden. Damit wird versucht, das BFH-Urteil vom 24.7.2002, II R 33/01 (BFH-PR 2002, 466) dogmatisch zu unterfüttern.

Ist bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG das rückwirkende Ereignis bereits eingetreten, vorgetragen und nachgewiesen, ist es im Verfahren über eine Anfechtungsklage gegen den bereits ergangenen Steuerbescheid zu berücksichtigen. Unterbleibt seine Geltendmachung in einem derartigen Anfechtungsverfahren, hindert dies einen späteren Änderungsantrag innerhalb der noch laufenden Festsetzungsfrist nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO nicht.

4. Ein schwebend unwirksamer Vertrag über eine Grundstücksschenkung ermöglicht noch keine Umschreibung im Grundbuch. Solange der Zustand der schwebenden Unwirksamkeit besteht, kann die Schenkung daher noch nicht ausgeführt sein. Daran ändert die zivilrechtliche Rückwirkung der Genehmigungen nach § 184 Abs. 1 BGB nichts.

5. Trotz vorbehaltener Nießbrauchsrechte bringt eine Grundstücksschenkung einem minderjährigen Beschenkten lediglich einen rechtlichen Vorteil, wenn der Schenker über die Verpflichtungen nach § 1041 Abs. 2 und § 1047 BGB hinaus auch die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außerordentlichen Grundstückslasten übernimmt. Dass der beschenkte Minderjährige im Außenverhältnis verpflichtet bleibt, ist dabei unschädlich (BGH, Beschluss vom 25.11.2005, V ZB 13/04, NJW 2005...

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