Zusammenfassung

 
Überblick

Der "Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs" eines sich in Berufsausbildung befindlichen, auswärts untergebrachten, volljährigen Kindes ("Sonderbedarfsfreibetrag") wurde ab 2023 von bisher 924 EUR auf 1.200 EUR im Jahr angehoben (Jahressteuergesetz 2022 v. 16.12.2022, BGBl 2022 I S. 2294). Er wird für volljährige, auswärtig untergebrachte Kinder gewährt (§ 33a Abs. 2 EStG).

Der allgemeine Ausbildungsbedarf eines Kindes wird bereits im Rahmen des Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarfs-Freibetrags (§ 32 Abs. 6 Satz 1 2. Halbsatz EStG) mit 1.464 EUR berücksichtigt. Dementsprechend gibt es keine Ausbildungsfreibeträge für minderjährige Kinder, die auswärts untergebracht sind, und für volljährige Kinder, die zu Hause wohnen.

Scheidet ein Ausbildungsfreibetrag aus, weil die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung als Kind nicht vorliegen, können die Aufwendungen für die Ausbildung eines Kindes als allgemeine Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 EStG geltend gemacht werden.

Neben dem Ausbildungsfreibetrag kommt zusätzlich der Sonderausgabenabzug für ein evtl. anfallendes Schulgeld nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in Betracht. Kinderbetreuungskosten für Kinder bis 14 Jahren sind ebenfalls Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG).

Krankheitsbedingte Aufwendungen aus Anlass der Ausbildung können im Einzelfall neben dem Ausbildungsfreibetrag als allgemeine außergewöhnliche Belastung i. S. v. § 33 EStG abgezogen werden. Ebenso können behinderungsbedingte außergewöhnlich hohe Kfz-Kosten, auch wenn sie mit der Ausbildung zusammenhängen, neben dem Ausbildungsfreibetrag nach § 33a EStG absetzbar sein (BFH, Urteil v. 13.12.2001, III R 6/99, BStBl 2002 II S. 198).

Die Aufwendungen für die Ausbildung sind mit dem Ausbildungsfreibetrag abgegolten (BFH, Urteil v. 17.12.2009, VI R 63/08, BStBl 2010 II S. 341). Den Freibetrag übersteigende Ausbildungskosten können daher, auch wenn sie zwangsläufig sind, nicht unter dem Gesichtspunkt außergewöhnlicher Belastung berücksichtigt werden. Dies schließt § 33a Abs. 4 EStG ausdrücklich aus.

Die eigenen Einkünfte und Bezüge (Ausbildungshilfen, Zuschüsse) des Kindes werden nicht angerechnet.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
  • Die gesetzliche Regelung enthält § 33a Abs. 2 EStG.
  • Verwaltungsanweisungen und Hinweise finden sich in R 33a.2 EStR bzw. H 33a.2 EStH.
  • Die Höhe des Freibetrags (bis 2022: 924 EUR) wurde zum Teil als nicht realitätsgerecht und daher verfassungswidrig angesehen. Diese Bedenken wurden vom BFH zurückgewiesen (BFH, Urteil v. 25.11.2010, III R 111/07, BStBl 2011 II S. 281). Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht angenommen (BVerfG, Beschluss v. 23.10.2012, 2 BvR 451/11).
  • Ab 2023 beträgt der Freibetrag 1.200 EUR.

1 Voraussetzungen

Der Freibetrag hat nur eine ergänzende Bedeutung im Rahmen des Familienleistungsausgleichs. Er dient lediglich dazu, den über den allgemeinen Ausbildungsbedarf, der bereits mit dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf nach § 32 Abs. 6 EStG i. H. v. 1.464 EUR berücksichtigt wird, hinaus entstehenden Sonderbedarf für volljährige auswärts untergebrachte Kinder außerhalb des Familienleistungsausgleichs[1] abzugelten.

Die Voraussetzungen des Ausbildungsfreibetrags sind daher:

  • Volljährigkeit des Kindes[2];
  • Berufsausbildung[3];
  • auswärtige Unterbringung[4];
  • Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG.[5]

Nicht vorausgesetzt wird, dass für das Kind tatsächlich ein ausbildungsbedingter Mehraufwand oder Aufwand überhaupt entsteht. Denn der Freibetrag berücksichtigt den typisierten Mehrbedarf. Der Nachweis entstandener Ausbildungskosten ist daher nicht erforderlich.[6] Auch ein besonderer Antrag ist nicht vorausgesetzt.[7]

Die Einkünfte und Bezüge sowie Ausbildungshilfen und Zuschüsse spielen – ebenso wie das Kindesvermögen – keine Rolle.

Der Freibetrag steht nur unbeschränkt steuerpflichtigen Personen bzw. Anspruchsberechtigten zu.[8] Das verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn die persönlichen Verhältnisse des nicht unbeschränkt Steuerpflichtigen sollen bereits im Wohnsitzstaat berücksichtigt werden, dem die persönlichen und familiären Umstände bekannt sind und der für die Berücksichtigung des Existenzminimums im Quellenstaat verantwortlich ist.

Bei mehreren Kindern wird für jedes Kind, das die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, ein eigener Freibetrag gewährt.

1.1 Volljährigkeit des Kindes

Erreicht das Kind im VZ das 18. Lebensjahr, steht der Ausbildungsfreibetrag anteilig[1] nur ab dem Kalendermonat zu, in dem das Kind volljährig geworden ist (Monatsprinzip). Bei einem am 1. eines Monats geborenen Kind wird das 18. Lebensjahr mit dem Ablauf des vorigen Monats vollendet, sodass bereits für den Vormonat der Freibetrag zusteht.[2] Eine erweiternde Auslegung auf minderjährige Kinder ist ausgeschlossen.[3] Für minderjährige Kinde...

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