Leitsatz

Aufwendungen, die einem Studenten anläßlich eines studienbegleitenden Praktikums beim zukünftigen Arbeitgeber entstehen, können als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigt werden, wenn sie konkret auf die spätere Anstellung bei dem Arbeitgeber hinzielten und über das ansonsten für Studienpraktika übliche Maß erheblich hinausgehen.

 

Sachverhalt

Einem Studenten entstehen Aufwendungen anlässlich geringfügig entlohnter Praktika, die er zum großen Teil bei seinem späteren Arbeitgeber absolvierte. In diesem Praktikumsunternehmen arbeitete der Steuerpflichtige überdurchschnittlich viel, um dort eine Festanstellung nach dem Studiumsabschluss zu erhalten, was sich auch verwirklichen ließ.

Zu den Aufwendungen zählten insbesondere Kosten für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung sowie Fahrtkosten für die Fahrten zwischen der Zweitwohnung und dem Praktikumsunternehmen. Die Aufwendungen wurden als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht. Danach ergaben sich negative Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, die zu einer Verlustfeststellung gem. § 10d EStG führten. Das Finanzamt ließ den Werbungskosten für sämtliche Praktika nicht zu, weil es sich um als Sonderausgaben beschränkt abzugsfähige Aufwendungen handele (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

 

Entscheidung

Das FG berücksichtigte hingegen (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bezogen auf das studienbegleitende Praktium beim zukünftigen Arbeitgeber, da die Aufwendungen konkret auf die spätere Anstellung bei diesem Arbeitgeber hinzielten und über das ansonsten für Studienpraktika übliche Maß erheblich hinausgehen. Der Werbungskostenabzug setzt einen Veranlassungszusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit voraus. Dieser kann bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein. Dies kann auch bei einem berufsbegleitenden Praktikum beim künftigen Arbeitgeber vorliegen, wenn das Praktikum mit überdurchschnittlichem Einsatz und Aufwendungen betrieben wird und auch zum Erfolg führt. In einem solchen Fall werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, um künftig Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu erzielen. Der Steuerpflichtige hat die Erfüllung der Voraussetzungen gegenüber dem Finanzamt darzulegen. Das FG bestimmt betragsmäßig nicht, wann von "überdurchschnittlichen Aufwendungen", also Aufwendungen, die über das übliche Maß eines berufsbegleitenden Praktikums hinausgehen, vorliegen. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an. Diese Voraussetzung dürfte zumindest dann erfüllt sein, wenn eine doppelte Haushaltsführung unterhalten wird.

 

Hinweis

Das FG beschreibt nicht näher, wie lange die Festanstellung bei dem Unternehmen, in dem das Praktikum absolviert wird, andauern muss. Sofern ein Arbeitnehmer während der Probezeit entlassen wird, sind m. E. dennoch die Praktikumskosten unter den vorgenannten Voraussetzungen als (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar. Die Rechtsprechung des FG Münster steht auch im Zusammenhang mit der geänderten BFH-Rechtsprechung zu Aufwendungen für ein berufsbegleitendes Erststudium (vgl. BFH, Urteil v.17.12.2002, VI R 137/01, DStR 2003 S. 150) bzw. für eine Umschulungsmaßnahme (vgl. BFH, Urteil v. 4.12.2002, VI R 120/01, DStR 2003 S. 70). Vgl. auch OFD Koblenz, Verfügung v. 8.4.2003, S 2350 A, DStR 2003 S. 1074.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 18.03.2003, 6 K 579/99 F

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