Leitsatz

1. Auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, kann als Handwerkerleistung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigt sein (entgegen BMF, Schreiben vom 10.1.2014, IV C 4-S 2296-b/07/0003:­004, 2014/0023765, BStBl I 2014, 75).

2. Es muss sich dabei allerdings um Tätigkeiten handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird.

 

Normenkette

§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

K erwarb 2001 ein Grundstück und errichtete darauf 2002 ein für eigene Wohnzwecke genutztes Einfamilienhaus. Das wurde zunächst durch einen Brunnen mit Trinkwasser versorgt und das Abwasser über eine Grube entsorgt. 2005 schloss der Zweckverband das Grundstück an die zentrale Wasser- und Abwasseranlage an. Der Zweckverband setzte mit Bescheiden Kostenersatz von 1.560 EUR fest. K überwies den Betrag und machte die Aufwendungen gegenüber dem FA erfolglos als Handwerkerleistungen i.S.d. § 35a EStG geltend. Die Klage war erfolgreich (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.8.2012, 7 K 7310/10, Haufe-Index 3404783, EFG 2012, 2208).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Hinweis

Anders als im vorstehenden Fall (BFH, Urteil vom 20.3.2014, VI R 55/12) geht es hier um die steuerliche Förderung von Handwerkerleistungen. Das umfasst ein weites Spektrum, nämlich einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, Renovierung, Erhaltung und Modernisierung sowohl das Gebäude als auch das Grundstück betreffend und unabhängig davon, ob der Ausführende in die Handwerksrolle eingetragen ist. Auch die öffentliche Hand oder Beliehene (Schornsteinfeger) können solche Leistungen erbringen. Wenn hier also der Zweckverband den Wasseranschluss herstellte oder herstellen ließ, war dies eine solche begünstigte Handwerkerleistung.

Wie im vorstehenden Fall (vgl. o.g. Parallelentscheidung VI R 55/12) war aber auch wieder Streitfrage, ob die geförderte (Handwerker-)Leistung "in" einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wurde. Die Finanzverwaltung vertritt insoweit die enge Auffassung, dass nur Handwerkerleistungen in der Wohnung oder im Haus nebst Zubehörräumen und Garten gefördert werden (BMF, Schreiben vom 10.1.2014, BStBl I 2010, 140, Tz. 15; BStBl I 2014, 75, Tz. 15).

Dem folgte der BFH nicht. Auch hinsichtlich der Handwerkerleistungen vertritt er, wie die ganz überwiegende Literatur, die Auffassung, dass auch Leistungen, die "für" den Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, begünstigt sind. Das entspricht dem räumlich-funktionalen Verständnis eines Haushalts (dazu ebenfalls o.g. Parallelentscheidung VI R 55/12). Entscheidend ist, dass die Leistungen in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Unerheblich ist insoweit, dass auch die im Privatgrundstück verlaufenden Anschlussleitungen zu den Betriebsanlagen des Versorgers gehören. Denn der "Hausan­schluss" insgesamt gehört zum "Haushalt" i.S.d. § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG als notwendige Voraussetzung für eine Haushaltsführung. Damit waren die Anschlusskosten nicht nur anteilig, soweit sie auf Ks Grundstück entfielen, sondern insgesamt von der Subventionierung erfasst.

Versteht man den Regelungszweck, nämlich die Vermeidung von Schwarzarbeit, in einem engen Sinne, kann dies allerdings zu seltsamen Ergebnissen führen. Denn dann wäre danach zu differenzieren, wie sehr die ausführenden Betriebe "schwarzarbeitsgeneigt" sind. Von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen erbrachte Handwerkerleistungen wären dann wohl nicht von der steuerlichen Förderung erfasst. Solches wurde auch schon, zum Beispiel hinsichtlich der Schornsteinfegerleistungen, bei steuerpolitischen Diskussionen vertreten.

K erhielt also die steuerliche Förderung – begrenzt auf die Arbeitsleistung, ohne Materialkosten (§ 35a Abs. 5 Satz 2 EStG). Die Handhabung in der Praxis, gegebenenfalls die Arbeitskosten zu schätzen, beanstandete der BFH nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.3.2014 – VI R 56/12

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