Rz. 41

Aus Vereinfachungsgründen hat das HGB einen individuellen Beginn des Fristenlaufs vermieden und knüpft daran an, dass das auslösende Ereignis (z. B. die Entstehung des Belegs) in einem bestimmten Kalenderjahr eintritt. Der Beginn des Fristenlaufs beginnt dann mit Ablauf des letzten Tages dieses Kalenderjahrs, also mit Ablauf des 31.12.[1] Das kann zu einer faktischen Verlängerung der Aufbewahrungsfrist führen; Beispiel: Für einen am 2.1. zugegangenen Handelsbrief beginnt der Fristenlauf erst mit Ablauf des 31.12. dieses Jahres. Ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr ist übrigens für den Beginn des Fristenlaufs unerheblich.

 

Rz. 42

Der Fristenlauf beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem

  • bei Handelsbüchern die letzte Eintragung vorgenommen wurde,
  • das Inventar aufgestellt wurde,
  • die Eröffnungsbilanz festgestellt wurde,
  • der Jahresabschluss festgestellt wurde,
  • der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a HGB oder der Konzernabschluss aufgestellt wurde,
  • der Handelsbrief abgesandt oder empfangen wurde,
  • der Buchungsbeleg entstanden ist.
 

Rz. 43

Die letzte Eintragung in den Handelsbüchern wird durch die notwendigen Abschlussbuchungen regelmäßig erst im Folgekalenderjahr gemacht werden. Entsprechendes gilt für die Aufstellung des Inventars, das nach der körperlichen Bestandsaufnahme noch bewertet werden muss. Buchungsbelege, die zwar noch im alten Jahr eingehen, aber erst im Folgejahr für die Buchung bearbeitet werden (Kontierung, Buchungsanweisung = Entstehung als Buchungsbeleg), sollten noch dem alten Jahr zugeordnet werden. Nach ADS[2] soll das sogar für Buchungsbelege gelten, die erst nach dem 31.12. eingegangen sind. Dem ist zuzustimmen, da ein Auseinanderreißen des Aufbewahrungsgutes nicht sinnvoll erscheint und die Übersichtlichkeit beeinträchtigen kann.

 

Rz. 44

Bei späterer Änderung eines bereits festgestellten Jahresabschlusses ist für die Aufbewahrung nunmehr die geänderte Fassung maßgeblich für das Auslösen des Fristenlaufs. Hierbei ist für die Handelsbücher zu beachten, dass notwendige Änderungsbuchungen zu einer erneuten "letzten Eintragung" führen und damit der Beginn des Fristenlaufs verschoben werden kann.[3]

 

Rz. 45

Die 6- bzw. 10-jährige Aufbewahrungsfrist endet jeweils mit dem Ablauf des 31.12. nach Verstreichen der 6 bzw. 10 Jahre. Eine mögliche Ablaufhemmung wie im Steuerrecht gibt es im Handelsrecht nicht.

[2] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2000, § 257 HGB Rz. 70; ebenso Isele, in Küting/Pfitzer/Weber, Handbuch der Rechnungslegung Einzelabschluss, § 257 HGB Rz. 96, Stand: Januar 2021.
[3] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2000, § 257 HGB Rz. 71; Störk/Philipps, in Beck'scher Bilanzkommentar, 12. Aufl. 2020, § 257 HGB Rz. 25.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge