Aufwendungen, die ein häusliches Arbeitszimmer betreffen, sind nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b letzter Halbsatz EStG bis zum VZ 2022 in vollem Umfang als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet. Es kommt dann nicht zu einer Begrenzung des Aufwands auf den Maximalbetrag i.  H.  v. 1.250 EUR.

Ab dem VZ 2023 können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch in Anspruch genommen werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Nur noch in diesem Fall sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten[1] abziehbar. Die Aufwendungen können der Höhe nach unbegrenzt angesetzt werden oder pauschaliert bis maximal 1.260 EUR. Im Rahmen der möglichen Pauschalierung mit Höchstbetragsbegrenzung ist allerdings zu beachten, dass sich nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 4 EStG der Betrag von 1.260 EUR für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen, um ein Zwölftel ermäßigt.

Der sog. Tätigkeitsmittelpunkt i.  S.  v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Qualitativ liegt der Schwerpunkt einer Betätigung dort, wo der Steuerpflichtige die Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind.

Nicht entscheidend ist somit der ­zeitliche (quantitative) Umfang. Dem quantitativen Umfang der Nutzung kommt im Rahmen der "Mittelpunkts-Beurteilung" nur indizielle Bedeutung zu. Nur wenn der Steuerpflichtige sowohl im häuslichen Arbeitszimmer als auch am außerhäuslichen Arbeitsort nur eine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausübt, die in qualitativer Hinsicht gleichwertig ist, liegt der Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer, wenn der Steuerpflichtige mehr als die Hälfte der Arbeitszeit dort tätig wird.

Übt der Steuerpflichtige mehrere unterschiedliche im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigende Tätigkeiten aus, ist zwar nicht erforderlich, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt "jedweder" oder "einer jeden einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" bilden muss. Gleichwohl bedarf es zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunktes der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, um sodann auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln.[2] In diesem Zusammenhang ist sodann der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nach dem Mittelpunkt der Haupttätigkeit zu bestimmen. Fehlt für die Feststellung einer solchen Haupttätigkeit eine insoweit indizielle nichtselbstständige Vollzeitbeschäftigung aufgrund privat- oder öffentlich-rechtlicher Arbeits- oder Dienstverhältnisse, ist in Zweifelsfällen zur Feststellung der Haupttätigkeit auf die Höhe der jeweils erzielten Einnahmen, das den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung zukommende Gewicht und den auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfallenden Zeitaufwand abzustellen.[3]

Bei einem – freien oder angestellten – Handelsvertreter liegt der Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers, wenn die Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durch die Arbeit im Außendienst geprägt ist, auch wenn die zu Hause verrichteten Tätigkeiten zur Erfüllung der beruflichen Aufgaben unerlässlich sind.

Bei einer Ärztin, die Gutachten über die Einstufung der Pflegebedürftigkeit erstellt und dazu ihre Patienten ausschließlich außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers untersucht und dort (vor Ort) alle erforderlichen Befunde erhebt, liegt der qualitative Schwerpunkt nicht im häuslichen Arbeitszimmer, in welchem nur die Tätigkeit begleitende Aufgaben erledigt werden.

Bei einem Architekten, der neben der Planung auch mit der Ausführung der Bauwerke (Bauüberwachung) betraut ist, kann diese Gesamttätigkeit keinem konkreten Tätigkeitsschwerpunkt zugeordnet werden. Das häusliche Arbeitszimmer bildet in diesem Fall nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung.[4]

Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, welcher gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG den vollständigen Abzug der Aufwendungen eröffnet, ist für sämtliche Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zu bestimmen und umfasst bei Rechtsanwälten die Tätigkeit als Arbeitnehmer und die selbstständige anwaltliche Tätigkeit. Dies hat der BFH mit Beschluss v. 13.6.2020, VIII B 166/19 bekräftigt.[5]

Das FG Münster[6] hat entschieden, dass ein häusliches Arbeitszimmer eines Gutachters in voller Höhe abzugsfähig sein kann.Der für den vollständigen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erforderliche Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung bestimmt sich vorrangig nach dem qualitative...

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