BMF, 28.8.2018, IV C 1 - S 1980 - 1/16/10010 :011

Auslegungsfragen zu §§ 35 und 48 InvStG 2018

Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beantworte ich Ihre Fragen zur Auslegung der §§ 35 und 48 InvStG 2018 wie folgt:

 

I. Zurechnung nach § 35 InvStG 2018

Soweit Erträge ausgeschüttet werden, die in Zeiträumen entstanden sind, in denen der Anleger nicht an dem Spezial-Investmentfonds beteiligt war, gelten nach § 35 Absatz 6 InvStG 2018 insoweit Substanzbeträge als ausgeschüttet. Daher sind die Substanzbeträge für jeden Anleger individuell zu ermitteln. Substanzbeträge sind nach § 35 Absatz 5 InvStG 2018 die verbleibenden Beträge einer Ausschüttung, wenn folgende Beträge abgezogen werden:

  • ausgeschüttete Erträge nach § 35 Absatz 1 InvStG 2018,
  • Zurechnungsbeträge nach § 35 Absatz 3 InvStG 2018,
  • Absetzungsbeträge nach § 35 Absatz 4 InvStG 2018 und
  • ausgeschüttete ausschüttungsgleiche Erträge der Vorjahre.
 

1. Taggenaue besitzzeitanteilige Zurechnung

a. Zurechnung nach dem Entstehungszeitraum von Erträgen

Unter die Regelung des § 35 Absatz 6 InvStG 2018 fallen nicht nur die Ertragsarten i.S. des § 36 Absatz 1 InvStG 2018, sondern auch die steuerfrei thesaurierbaren Kapitalerträge i.S. des § 36 Absatz 2 InvStG 2018. Jedem Anleger sind nur diejenigen Erträge zuzurechnen, die während des Zeitraums entstanden sind, in dem der Anleger den jeweiligen Spezial-Investmentanteil besessen hat (besitzzeitanteilige Zurechnung). Es ist daher grundsätzlich eine taggenaue Berechnung der angewachsenen Erträge, insbesondere der angewachsenen Zinsen oder angewachsenen Mieterträge vorzunehmen.

Bei Spezial-Investmentfonds mit Immobilienbesitz wird es nicht beanstandet, dass keine taggenaue Berechnung vorgenommen wird, wenn zumindest an den für die Anlegerbesteuerung relevanten Tagen eine Berechnung vorgenommen wird. D. h. es sind zumindest Berechnungen an den Bilanzstichtagen der Anleger, bei Ausgabe von Spezial-Investmentanteilen und bei Veräußerungen i.S. des § 2 Absatz 13 InvStG von Spezial-Investmentanteilen vorzunehmen.

Bei der besitzzeitanteiligen Zurechnung der Erträge ist keine tranchenbezogene Ermittlung erforderlich.

Beispiel 1:

Der Anleger A eines Spezial-Investmentfonds (mit Gj. = Kj.) erwirbt am 1.1.2018 10 Anteile (von insgesamt 100 ausgegebenen Anteilen) und am 1.7.2018 nochmals 60 Anteile (von insgesamt 200 ausgegebenen Anteilen). Dem A sind bezogen auf 10 Anteile anteilig die Erträge bis zum 30.6.2018 und ab dem 1.7.2018 bezogen auf 70 Anteile die Erträge bis zum 31.12.2018 zuzurechnen. Es ist nicht erforderlich, für die anteilige Zurechnung der Erträge ab dem 1.7.2018 zwischen den 10 Anteilen (1. Tranche) und den 60 Anteilen (2. Tranche) zu differenzieren.

b. Zurechnung nach dem Entstehungszeitpunkt von Erträgen

Bei den Ertragsarten, bei denen eine Abgrenzung nach dem Entstehungszeitraum nicht möglich ist, ist für die besitzzeitanteilige Zurechnung ausschließlich auf den Entstehungszeitpunktabzustellen. Eine Zurechnung bzw. Abgrenzung von Ertragsbestandteilen nach dem Entstehungszeitraum ist dann nicht möglich, wenn erst bei der Realisierung die Höhe des Ertrags rechtssicher ermittelbar ist. Da erst im Zeitpunkt des Beschlusses der Hauptversammlung feststeht, in welcher Höhe ein Dividendenanspruch besteht, sind die Dividenden denjenigen Anlegern zuzurechnen, die am Hauptversammlungstag an dem Spezial-Investmentfonds beteiligt sind. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn ein Spezial-Investmentfonds für die besitzzeitanteilige Zurechnung von Dividenden einheitlich auf den Tag nach der Hauptversammlung (Ex-Tag) abstellt. Die Fälligkeit des Dividendenanspruchs (nach § 58 Absatz 4 AktG am dritten auf den Hauptversammlungsbeschluss folgenden Geschäftstag, sofern kein abweichender Fälligkeitstermin beschlossen wird) ist hingegen grundsätzlich unbeachtlich.

Realisierte Veräußerungsgewinne werden den Anlegern nach dem jeweils im Realisationszeitpunkt vorhandenen Beteiligungsverhältnis zugerechnet.

Ermittlung der realisierten Veräußerungsgewinne zum 1.1.2018

Bei der Ermittlung der realisierten Veräußerungsgewinne bleiben die bis zum 31.12.2017 eingetretenen unrealisierten Wertveränderungen unberücksichtigt, indem die steuerlichen Buchwerte der Vermögensgegenstände zum 1.1.2018 den Verkehrswerten gleichgesetzt werden.

Zur Bestimmung des zum 31.12.2017 bestehenden Verkehrswertes kann regelmäßig auf den letzten für das Kalenderjahr 2017 ermittelten Verkehrswert nach § 168 Absatz 3 i. V. m. § 248 Absatz 1, § 271 Absatz 1, § 278, § 286 Absatz 1 KAGB abgestellt werden. Dies gilt entsprechend für auf den Vorgaben des Artikels 19 der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) beruhende Verkehrswertbewertungen nach ausländischem Aufsichtsrecht oder vergleichbarer Vorgaben sowie für sonstige Verkehrswertermittlungen in zeitlicher Nähe zum 31.12.2017.

Eine Buchwertanpassung ist zwingend bei den folgenden Vermögensgegenstände...

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