Leitsatz

1. Besteht Streit über die Entstehung und die Verwirklichung von Säumniszuschlägen, hat die Finanzbehörde darüber durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 zu entscheiden.

2. Die Erteilung eines Verwaltungsaktes i.S. des § 218 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 über die Entstehung und den Fortbestand von Säumniszuschlägen setzt Angaben des Steuerpflichtigen über Art, Entstehungszeitpunkt, Betrag, Fälligkeit und Erlöschensgrund hinsichtlich jedes einzelnen Zahlungsanspruchs nicht voraus. Es genügt, wenn die Steuerarten und die Besteuerungszeiträume, für die die Säumniszuschläge im Abrechnungsbescheid festgestellt werden sollen, hinreichend konkret bezeichnet werden.

3. Der Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides über Säumniszuschläge entfällt bei mißbräuchlicher Antragstellung des Steuerpflichtigen.

 

Normenkette

AO § 125 , AO 1977 § 218 Abs. 1 Satz 1, , AO 1977 § 218 Abs. 2 Satz 1, , AO 1977 § 240 , GG Art. 19 Abs. 4

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.08.1999, VII R 92/98

Anmerkung

Die Entscheidung VII R 92/98 betrifft Eheleute (Kläger), die für mehrere Jahre zur Einkommensteuer zusammen veranlagt worden waren. Der Ehemann hatte außerdem Lohnsteueranmeldungen abgegeben und Umsatzsteuer- sowie Gewerbesteuerbescheide erhalten. Aufgrund verspäteter Zahlungen der Steuerschulden sind Säumniszuschläge entstanden, die die Kläger dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Den Antrag der Kläger, über die Säumniszuschläge einen Abrechnungsbescheid zu erteilen, lehnte das Finanzamt ab.

Der BFH hat entschieden, daß die Kläger einen Anspruch auf Erteilung je eines Abrechnungsbescheids haben. Dies folgert er aus der speziellen Bedeutung der Abrechungsbescheide gerade für Säumniszuschläge. Nach Auffassung des BFH erfolgt die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Steuerverhältnis grundsätzlich in zwei Stufen: Als erste Stufe werde der abstrakte – durch Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands entstehende – Anspruch regelmäßig durch Verwaltungsakt festgesetzt, während auf der zweiten Stufe die Erfüllung dieses Anspruchs den Gegenstand des Erhebungsverfahrens bilde. Komme es auf der zweiten Stufe zu Streitigkeiten, so entscheide das FA hierüber durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 Satz 1 AO). Dieser Bescheid beinhalte die für die Beteiligten verbindliche Feststellung, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung durch Zahlung, Aufrechnung, Verrechnung, Erlaß, Eintritt der Zahlungsverjährung usw. erloschen ist. – Die Zweistufigkeit gelte allerdings nicht für die Frage, ob Säumniszuschläge angefordert werden können. Da für Säumniszuschläge eine Festsetzung nicht notwendig ist, sondern zu ihrer Entstehung die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240 AO) genügt, habe ein Abrechnungsbescheid für Säumniszuschläge eine doppelte Funktion: Er habe die Wirkung einer Festsetzung und enthalte zugleich eine Entscheidung über etwaige Erlöschensgründe. Bei Streitigkeiten über die Entstehung und Verwirklichung von Säumniszuschlägen habe der Steuerpflichtige. einen Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids,ohne daß er hierzu Angaben über Art, Entstehungszeitpunkt, Betrag, Fälligkeit und Erlöschensgrund machen müßte. Es genüge, daß er die Steuerarten und die Besteuerungszeiträume, für die die Säumniszuschläge im Abrechnungsbescheid festgestellt werden sollen, hinreichend konkret bezeichne.

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