Rz. 24

Baumaßnahmen im Anschluss an den Erwerb und vor der erstmaligen Nutzung eines Gebäudes können Anschaffungskosten sein, wenn hierdurch das Gebäude erst betriebsbereit wird, da sich die Betriebsbereitschaft nach der Rechtsprechung des BFH durch seinen Zustand und durch grundstücksbezogene Kriterien bestimmt. Es kann sich hierbei um Aufwendungen handeln, die sich auf

  • die Funktion des Gebäudes oder
  • den Standard des Gebäudes oder
  • auf beides beziehen.[1]
[1] Abgrenzung in BFH, Urteil v. 2.5.1990. -III R 198/85, BStBl 1991 II S. 448; Rade in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Rz. 306, Stand: 8/2021.

2.4.4.1 Funktionstüchtigkeit

 

Rz. 25

Die Funktionstüchtigkeit eines Gebäudes ist maßgebend für seine Betriebsbereitschaft. Sind Teile des Gebäudes, die für seine Nutzung unerlässlich sind, nach dem Erwerb des Gebäudes defekt, ist das Gebäude nicht betriebsbereit.

 
Praxis-Beispiel

Eine defekte Heizung, die Bewohnbarkeit ausschließende Wasserschäden, eine durch Brand verwüstete Wohnung.

Das Gebäude oder Teile davon sind zu Wohnzwecken überhaupt nicht zu nutzen. Die Aufwendungen, welche die Funktionstüchtigkeit herstellen, sind Anschaffungskosten. So sind auch die in bautechnischem Zusammenhang hiermit stehenden Aufwendungen zu behandeln, z. B. durch die Reparatur an Heizungsrohren werden Fliesen beschädigt und deshalb erneuert.[1]

Eine Heizung rechnet zwar zu den Bereichen, die den Standard einer Wohnung bestimmen. Ist sie aber defekt, ist die Wohnung schon aus diesem Grunde nicht betriebsbereit.[2] Es kommt daher nicht darauf an, ob durch die Reparatur der Standard der Wohnung erhöht worden ist.

 

Rz. 26

Nach den Verwaltungsanweisungen setzt die Funktionstüchtigkeit eines Gebäudes voraus, dass es sowohl objektiv als auch subjektiv für die konkrete Zweckbestimmung des Erwerbers funktionstüchtig ist.

 
Praxis-Beispiel

In einem erworbenen Gebäude war die Elektroinstallation für Wohnzwecke geeignet. Im Zuge des Umbaus für Bürozwecke musste die Elektroinstallation erneuert werden.

In einem erworbenen Gebäude wurden Büroräume bisher als Anwaltskanzlei genutzt. Sie wurden zu einer Zahnarztpraxis umgebaut.[3]

[2] IDW, WP Handbuch, 17. Aufl. 2021, F 327.
[3] BMF, Schreiben v. 18.7.2003, IV C 3 – S 2211 – 95/03, BStBl 2003 I S. 386, Rz. 5-7.

2.4.4.2 Standard

 

Rz. 27

Der betriebsbereite Zustand eines Wohngebäudes wird auch vom Standard bestimmt, den es nach den Vorstellungen des Erwerbers haben soll, bevor es von ihm genutzt wird. Entsprechen Gebäude oder Teile hiervon nicht dem vom Erwerber bezweckten Standard, ist insoweit eine Betriebsbereitschaft nicht gegeben. Aufwendungen, die diesen Standard herbeiführen, sind daher Anschaffungskosten.

Aufwendungen zur Erhöhung des Wohnstandards gegenüber demjenigen zur Zeit des Erwerbs können Anschaffungskosten sein, wenn hierdurch der Gebrauchswert des Gebäudes deutlich erhöht wird. Das ist der Fall, wenn der (Ausstattungs-)Standard durch Baumaßnahmen angehoben wird.[1]

Soll das Gebäude zu Wohnzwecken genutzt werden, dann gehört zur Zweckbestimmung auch die Entscheidung, welchem Standard das Gebäude entsprechen soll (sehr einfach, mittel oder sehr anspruchsvoll). Baumaßnahmen, die das Gebäude auf einen höheren Standard bringen, machen es betriebsbereit, ihre Kosten führen zu Anschaffungskosten i. S. des § 255 Abs. 1 HGB.[2]

Soll der vorhandene Standard beibehalten bleiben und durch Baumaßnahmen nur Vorhandenes repariert und ersetzt werden, so handelt es sich bei diesen Aufwendungen um Erhaltungsaufwand.

 

Rz. 28

 
Bereiche der für den Standard eines Wohngebäudes maßgebenden Ausstattungen[3]
1.

Heizungsinstallation

Einzelöfen oder dem neueren Stand der Technik entsprechende Heizungsanlage
2.

Sanitärinstallation

Einfache Ausstattung oder dem neueren Stand der Technik entsprechende Ausstattung
3.

Elektroinstallation

Leitungskapazität, Zahl der Anschlüsse
4.

Fenster

Einfach verglast oder Isolierglas
 

Rz. 29

Betreffen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen mindestens 3 dieser Bereiche und werden hierbei die Ausstattungen in dem jeweiligen Bereich deutlich erweitert oder ergänzt und ihr Komfort, z. B. durch zweckmäßigere und funktionstüchtigere Ausstattungsdetails, erheblich gesteigert, ist von einer Anhebung des Standards und damit von Anschaffungskosten (bzw. Herstellungskosten) auszugehen.[4] Wird der Standard eines Wohngebäudes lediglich in 2 der vorstehend genannten Bereiche erhöht, fallen aber außerdem Aufwendungen an, die das Gebäude über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehend wesentlich verbessern,[5] sind die Aufwendungen insgesamt Anschaffungskosten.[6]

 
Praxis-Beispiel

E erwarb ein leer stehendes, bisher als Büro genutztes Einfamilienhaus. Er wollte es zu Wohnzwecken vermieten. Daher baute er das Dachgeschoss zu einer weiteren Wohnung aus und richtete dort ein zusätzliches Badezimmer ein. Im ganzen Haus ließ er die einfach verglasten Fenster durch isolierte Sprossenfenster ersetzen. Die bisherigen 2-phasigen Elektroleitungen ließ er durch 3-phasige Leitu...

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