Leitsatz

1. Die im Transitbereich deutscher Flughäfen ausgeführten Umsätze werden im Inland ausgeführt.

2. Der Verkauf von "Duty-Free"-Waren im Transitbereich ist nicht nach § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1999 befreit, weil der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet.

3. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3a Nr. 1 UStG 1999 setzt einen Abnehmernachweis voraus.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 UStG, Art. 15 Nr. 1 und Nr. 2 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt im Transitbereich deutscher Flughäfen "Duty-Free"-Läden, in denen Reisende vor Flugantritt Geschenke und Gegenstände für den persönlichen Bedarf einkaufen können. Die Reisenden erreichen den Transitbereich nur mit gültigem Flugschein, nachdem sie sowohl die Kontrolle durch den Zoll als auch durch den Bundesgrenzschutz passiert haben.

Die Klägerin meinte, es genüge für den Nachweis eines ausländischen Abnehmers der Vermerk des Namens und des Wohnorts des Käufers auf den Kassenbons. Nur in den – getrennten – Verkaufsläden mit höherwertigem Angebot sollte noch die Passnummer vermerkt und in allen Fällen anhand der Bordkarte oder des Flugtickets die Flugnummer.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Die Klägerin meinte, bei dem "besonderen" Sachverhalt der Lieferungen im Transitbereich sei § 4 Nr. 1a, § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG einschlägig, weil der Erwerber keine Ausfuhrbestätigung erhalten könne.

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen keinen Erfolg. Für die Überlegung der Klägerin, für sog. "Duty-Free"-Läden müssten andere Regeln gelten, als für Ausfuhren über den Ladentisch, konnte der BFH angesichts der eindeutigen Regelungen keine Sympathie finden. Anscheinend hatte Belgien Art. 15 Nr. 1 der 6. EG-RL – betrifft Lieferungen, die "durch den Verkäufer oder für dessen Rechnung" ins Drittland befördert werden – auf Umsätze in "Duty-Free"-Läden angewandt. Der BFH stellte ausdrücklich klar, dass angesichts des eindeutigen Wortlauts des Art. 15 Nr. 1 der 6. EG-RL keine Zweifel daran bestehen, dass die Vorschrift für Sachverhalte, in denen der Reisende die in dem "Duty-Free"-Laden gekauften Waren ins Drittland befördert, nicht anwendbar ist, und deshalb auch eine Vorlage an den EuGH nicht in Betracht komme.

 

Hinweis

Streitig war im Besprechungsfall, unter welchen Voraussetzungen Lieferungen im Transitbereich deutscher Flughäfen an in das Drittlandsgebiet Reisende von der USt befreit waren.

1. Der USt unterliegen u.a. die Lieferungen eines Unternehmers im Inland. Inland i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UStG ist auch der Transitbereich im Flughafen, denn der Gesetzgeber stellt auf das (Staats-)Gebiet der Bundesrepublik ab. Auch wenn danach keine weiteren Pass- oder Personenkontrollen mehr vorgesehen sind: Das deutsche Staatsgebiet hat der Reisende noch nicht verlassen. Das Schengener Durchführungsübereinkommen sagt hierzu nichts anderes.

2. Der Verkauf der "Duty-Free"-Waren ist nicht nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG von der USt befreit.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchst. a UStG) vor, wenn bei einer Lieferung der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat. Das Verbringen der Waren in die im Transitbereich (s.o. Inland!) befindlichen "Duty-Free"-Läden ist keine Beförderung in das Drittlandsgebiet.

Auch zollrechtliche Erwägungen geben keinen Anlass zu einer anderen Auslegung: Der in § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG verwendete Begriff der Ausfuhrlieferung, wird gerade nicht durch eine Bezugnahme auf das Zollrecht oder verbrauchsteuerrechtliche Bestimmungen, sondern durch die Legaldefinition in § 6 Abs. 1 UStG definiert.

3. Eine Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3a Nr. 1 UStG) liegt nur vor, "wenn bei einer Lieferung ... der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist...". Es genügt aber nicht, dass der Reisende die Ware ins Drittlandsgebiet befördert: Er muss ein ausländischer Abnehmer sein und der Unternehmer muss den Nachweis darüber erbringen, dass der Abnehmer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat. Die Flugnummer reicht hierfür nicht.

Dass der Unternehmer in den Pass oder ein sonstiges Grenzübertrittspapier Einsicht nehmen muss, ist gewiss nicht unverhältnismäßig. Art. 15 Abs. 1 der 6. EG-RL definiert als Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt den Ort, der im Reisepass, im Personalausweis oder in jedem sonstigen Dokument eingetragen ist, das in dem Mitgliedstaat, in dem die Lieferung erfolgt, als Identitätsnachweis anerkannt ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 3.11.2005, V R 63/02

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