Leitsatz

Der An- und Verkauf von Optionskontrakten selbst in größerem Umfang begründet im Allgemeinen keinen Gewerbebetrieb. Eine gewerbliche Betätigung setzt jedenfalls voraus, dass der Steuerpflichtige sich wie ein Händler verhält (Fortführung des BFH-Urteils vom 29.10.1998, XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448).

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 15 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger erklärten im Streitjahr neben unstreitigen Einkünften aus einer Versicherungsagentur einen Verlust aus gewerblichem Wertpapierhandel. FA, FG und BFH erkannten die Verluste nicht an.

 

Entscheidung

Angesichts der technischen Möglichkeiten, An- und Verkäufe von Wertpapieren durch "Bildschirmhandel" über private PC abzuwickeln und der zunehmenden Größe privater Vermögen habe die Zahl der Verkäufe wie auch eine "büromäßige Organisation" als Kriterien für die Abgrenzung zum gewerblichen Wertpapierhandel an Bedeutung verloren.

Auch eine erhebliche Fremdfinanzierung der Wertpapiergeschäfte präge diese nicht als gewerblich. Ebenso würden Wertpapiergeschäfte auf eigene Rechnung noch nicht zu gewerblichen dadurch, dass dafür eigene einschlägige berufliche Kenntnisse nutzbar gemacht würden.

Wesentlich sei vielmehr, ob ein "händlertypischer" Umschlag von Waren, das Tätigwerden für fremde Rechnung nach Art von Finanzkommissionsgeschäften (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KredWG) oder anderer Wertpapierdienstleistungen sowie sonstige Verhaltensweisen vorliege, die in vergleichbarer Weise der Vermögensverwaltung fremd seien.

Optionsgeschäfte seien im rechtstatsächlichen Regelfall "privater" Natur und (nur) nach näherer Maßgabe des § 22 Nr. 3, § 23 EStG steuerbar. Der Gesetzgeber habe die grundsätzlich private Natur von Termingeschäften dadurch bestätigt, dass er sie mit § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 als im privaten Bereich steuerbar erfasst habe.

 

Hinweis

Für die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit ist darauf abzustellen, ob die jeweils ausgeübte Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung auf die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gerichtet ist (gewerbliche Betätigung wie ein Händler, Produzent oder Dienstleistender) oder die Vermögensnutzung durch Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten betrifft.

Danach kann ein gewerblicher Wertpapierhandel vorliegen, wenn er einen "marktmäßigen" Umschlag von Wertpapieren zum Gegenstand hat. Dies fordert über eine erhebliche Zahl von Verkaufsvorgängen hinaus besondere Beweisanzeichen. Als solche werden angesehen die durch den Umfang der Geschäfte bedingte Notwendigkeit, einen Betrieb im Umfang eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs zu unterhalten, das Ausnutzen eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen, das Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit und andere für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen.

Der An- und Verkauf von Wertpapieren kann ferner die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschreiten, wenn der Steuerpflichtige ohne Einsatz eigenen Vermögens mit beruflich erlangten Kenntnissen Kursdifferenzen ausnützt und sich damit "bankentypisch" verhält.

Wesentliche Beweisanzeichen können auch sein, dass die Wertpapiergeschäfte für fremde Rechnung ausgeführt werden oder – typischerweise – in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer sonstigen gewerblichen Tätigkeit stehen. Die Beweisanzeichen sind im Zweifelsfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.

Ob Optionsgeschäfte, die eine physische Erfüllung ausschließen, schon ihrer Art nach ebenso wie Differenzgeschäfte die Annahme einer am Markt gegen Entgelt angebotenen gewerblichen Tätigkeit ausschließen (so BFH, Urteil vom 19.2.1997, XI R 1/96, BStBl II 1997, 399), hat der X. Senat offen gelassen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.12.2000, X R 1/97

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