Eine der zentralen Bestimmungen für die Besonderheiten der Rechnungslegung bei einer AG gegenüber anderen Kapitalgesellschaften ist § 150 AktG, der verschiedene Bestimmungen zur Bildung von Rücklagen bei einer AG beinhaltet. Verstöße gegen diese Norm führen zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses.[1]

[1] Koch, in Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 150 AktG Rz. 13.

3.5.1 Pflicht zur Bildung einer gesetzlichen Rücklage

§ 150 Abs. 1 AktG bestimmt, dass in dem Jahresabschluss der AG eine gesetzliche Rücklage zu bilden ist. Eine entsprechende Bestimmung gibt es für den Jahresabschluss einer GmbH nicht. Auch andere Gesellschaftsformen kennen diese Pflicht nicht.[1]

Die Höhe und Dotierung der gesetzlichen Rücklage regeln die weiteren Absätze des § 150 AktG. Der Sinn der Bildung einer gesetzlichen Rücklage ist darin zu sehen, dass ein gewisser Betrag aus dem Jahresüberschuss vor einer Ausschüttung geschützt sein soll. Auf diese Weise soll die Eigenkapitalausstattung der AG verbessert werden.

[1] Koch, in Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 150 AktG Rz. 4.

3.5.2 Höhe und Dotierung der gesetzlichen Rücklage

Höhe und Dotierung der gesetzlich vorgeschriebenen Rücklage sind in § 150 Abs. 2 AktG geregelt. Hiernach ist der zwanzigste Teil, also 5 %, des um einen Verlustvortrag geminderten Jahresüberschusses in die Rücklage einzustellen, bis diese zusammen mit der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nrn. 1–3 HGB mindestens 10 % des Grundkapitals erreicht. Die Satzung kann einen höheren Prozentsatz bestimmen.[1]

Hierbei ist zu beachten, dass nicht weniger, aber auch nicht mehr als 5 % des Jahresüberschusses in die Rücklage einzustellen sind. Dieser Anteil ist zwingend.[2] Ferner ist zu beachten, dass bei der Berechnung eine Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, also eine solche, die aufgrund freiwilliger Leistung von Gesellschaftern in die Kapitalrücklage erfolgt ist, nicht mit einbezogen wird.

Beträgt die gesetzliche Rücklage 10 % des maßgeblichen Kapitals bzw. den höheren in der Satzung bestimmten Prozentsatz, endet die Pflicht zur Einstellung in die gesetzliche Rücklage. Die Möglichkeit der Auflösung der Rücklage ist in den nachfolgenden Absätzen geregelt.

[1] Koch, in Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 150 AktG Rz. 5 ff.
[2] Hennrichs/Pöschke, in Goette/Habersack, MüKo-AktG, 5. Aufl. 2022, § 150 AktG Rz. 13.

3.5.3 Verwendung der gesetzlichen Rücklage bei Nichterreichen der Grenze von 10 %

§ 150 Abs. 3 AktG regelt die Verwendung der gesetzlichen Rücklage, wenn diese zusammen mit der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nrn. 1–3 HGB nicht 10 % des Grundkapitals beträgt.[1] In diesem Fall darf die gesetzliche Rücklage grundsätzlich nicht angetastet werden.

Eine Ausnahme von dieser Regel gilt nur

  • für den Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, soweit dieser nicht durch einen Gewinnvortrag gedeckt ist oder durch die Auflösung einer Gewinnrücklage ausgeglichen werden kann,[2]oder
  • zum Ausgleich eines Verlustvortrags aus den Vorjahren, soweit dieser nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist und nicht durch die Auflösung einer Gewinnrücklage ausgeglichen werden kann.[3]
[1] Koch, in Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 150 AKtG Rz. 8 ff.

3.5.4 Verwendung der gesetzlichen Rücklage bei Übersteigen der 10 %-Grenze

Übersteigt die gesetzliche Rücklage zusammen mit der maßgeblichen Kapitalrücklage die Grenze von 10 % des Grundkapitals, kann diese verwandt werden

  • zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, soweit er nicht durch einen Gewinnvortrag gedeckt ist,[1]oder
  • zum Ausgleich eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr, der nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist,[2]oder
  • zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 207–220 AktG.[3]

Ferner ist zu beachten, dass der Ausgleich eines Jahresfehlbetrags oder eines Verlustvortrags nicht zulässig ist, wenn gleichzeitig Gewinnrücklagen zur Gewinnausschüttung aufgelöst werden.

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