3.1 Antrag auf schlichte Änderung statt Einspruch

§ 172 Abs. 1 Nr. 2a AO eröffnet dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, statt der Einlegung eines Einspruchs innerhalb der Rechtsbehelfsfrist einen Antrag auf schlichte Änderung zu stellen.

Im Gegensatz zum Einspruch ist der Antrag auf schlichte Änderung:

  • formfrei (er kann auch mündlich oder fernmündlich gestellt werden);
  • er muss auf eine bestimmte Änderung gerichtet sein. Eine Änderungsmöglichkeit besteht nur, soweit der Antrag reicht; eine Erweiterung des Antrages ist nur innerhalb der Einspruchsfrist möglich;
  • es besteht für die Finanzverwaltung keine Verböserungsmöglichkeit;
  • es kommt keine Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 AO in Betracht.

Die Fristgebundenheit des Änderungsantrags ist eine unbedingte und keiner Auslegung zugängliche Gesetzesvorgabe, so dass bei Fristversäumnis kein wirksamer Änderungsantrag vorliegt. Ausnahme kann hier die entschuldbare Fristversäumnis i. S. v. § 110 AO sein.[1]

Der Änderungsantrag muss auf eine bestimmte Änderung gerichtet sein und deshalb das verfolgte Änderungsbegehren innerhalb der Einspruchs- oder Klagefrist gem. § 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO seinem sachlichen Gehalt nach zumindest in groben Zügen zu erkennen geben. In Schätzungsfällen sind die Anforderungen an einen Änderungsantrag nicht strenger als die Anforderungen an die Konkretisierung des Gegenstands des Klagebegehrens i. S. des § 65 Abs. 1 FGO.[2] Ein wirksamer Änderungsantrag kann allerdings nicht schon vor Beginn der Einspruchsfrist gestellt werden.[3]

Unklar formulierte Schreiben des Steuerpflichtigen wird das Finanzamt im Zweifel als Einspruch auslegen, da das Einspruchsverfahren in der Regel vorteilhafter sein dürfte.[4] Reicht der Steuerpflichtige nach ergangenem Schätzungsbescheid seine Steuererklärung innerhalb der Rechtsbehelfsfrist ein, wird dies daher regelmäßig als Einspruch zu werten sein.[5]

3.2 Antrag auf schlichte Änderung nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung

Auch nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung besteht noch die Möglichkeit, einen Änderungsantrag innerhalb der Klagefrist nach § 172 Abs. 1 Satz 3 AO zu stellen. Dies ist auch dann zulässig, wenn lediglich eine erneute Überprüfung einer Rechtsfrage begehrt wird, über die in der Einspruchsentscheidung bereits entschieden worden ist.[1] Damit lässt sich (insbesondere in Schätzungsfällen) ein kostenpflichtiges Klageverfahren verhindern. Zu beachten ist allerdings, dass die Finanzverwaltung in diesen Fällen Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 AO nicht in der Einspruchsentscheidung berücksichtigt wurden, auch im Rahmen eines solchen Änderungsantrags nicht berücksichtigen wird. Wer in solchen Fällen mehr erreichen will, muss den Klageweg beschreiten. Denn das Finanzgericht hat ungeachtet der Regelung in § 364b Abs. 2 AO die Möglichkeit, verspätet eingegangene Erklärungen dennoch zu berücksichtigen.[2]

Obwohl die Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO im Ermessen der Finanzbehörde steht, reduziert sich das Ermessen der Finanzbehörde hinsichtlich der Änderung auf Null, wenn die materiell–rechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerfestsetzung vorliegen.[3]

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