Leitsatz

Die Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheides kommt auch wegen einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit in Betracht.

 

Sachverhalt

Die Kläger wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin wurde darüber hinaus mit ihrem Gewerbebetrieb unter einer gesonderten Steuernummer für die Betriebssteuern erfasst. Für das Jahr 2005 wurde hierfür ein Gewinn von EUR 66.041 veranlagt, der auch in die Gewerbesteuerveranlagung im Februar 2007 eingeflossen ist. Eine Einkommensteuererklärung 2005 wurde nicht abgegeben, so dass es im August 2007 zu einer Schätzung kam. Die gewerblichen Einkünfte der Klägerin wurden hierbei mit EUR 20.000 geschätzt. Der Einkommensteuerbescheid wurde bestandskräftig. Im Rahmen einer Betriebsprüfung in 2009 erließ das Finanzamt einen Änderungsbescheid, der nunmehr einen Gewinn der Klägerin in Höhe von EUR 66.041 berücksichtigte. Zur Begründung für die Änderung wurde auf § 129 AO verwiesen. Die Kläger vertraten im Einspruchsverfahren die Ansicht, es sei kein Fall des § 129 AO gegeben.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, da sie als unbegründet zurückgewiesen wurden. Die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 129 AO seien entgegen der Ansicht der Kläger gegeben. Hierbei sei im Streitfall eine ähnlich offenbare Unrichtigkeit vorgekommen, da das Finanzamt bei der Schätzung des Gewinns den einvernehmlich als zutreffend erkannten Gewinn nicht berücksichtigt habe. Dieser Fehler könne nur mit einem mechanischen Fehler erklärt werden. Eine Unrichtigkeit in der Rechtsanwendung sei nicht ersichtlich. Dies gelte zumal deswegen, weil bei einer zutreffenden Beachtung der vorliegenden Unterlagen der Gewinn ohne eine weitere Prüfung übernommen worden wäre. Die Situation würde dabei der bei einem Übersehen eines Grundlagenbescheides ähneln.

 

Hinweis

§ 129 AO ist eine in der Rechtsanwendung oftmals nur schwer zu greifende Bestimmung. Die Rechtsprechung zu dieser Norm ist oftmals nur anhand von Fallgruppen nachvollziehbar (siehe zu einzelnen Fallgruppen M. Frotscher, in Schwarz, AO, § 129 AO Rz. 25ff.). Nach dem Wortlaut des § 129 AO kommt dabei eine Änderung bei einem Schreibfehler, einem Rechenfehler und einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit in Betracht. Die offenbare Unrichtigkeit ist damit als der Oberbegriff anzusehen, der Schreib- und der Rechenfehler sind Beispiele. Hieraus folgt, dass eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit dann vorliegt, wenn eine solche mit einem Schreib- oder Rechenfehler wertungsmäßig vergleichbar ist. Es muss sich aber in jedem Fall um einen mechanischen Fehler handeln (BFH v. 24.7.1984, VIII R 304/81, BStBl. II 1984, 785). Hier hat das Finanzamt eine ihm vorliegende Gewerbesteuererklärung übersehen und stattdessen eine niedrigere Schätzung vorgenommen. Ob dies ein rein mechanischer Fehler gewesen ist, erscheint nicht in jedem Fall zwingend. Diese Frage kann dabei aber stets nur anhand des Einzelfalles entschieden werden (BFH v. 1.7.2010, IV R 56/07, BFH/NV 2010, 2004), so dass eine abschließende Wertung, ob die Entscheidung des FG Köln zutreffend ist, mangels eingehender Sachverhaltskenntnis nicht getroffen werden kann.

Gegen die Entscheidung wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Aktenzeichen des BFH ist X B 201/13.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 18.09.2013, 7 K 1379/11

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