Leitsatz

Übereinstimmende Erledigungserklärungen führen im Zusammenhang mit der Zusage einer Bescheidänderung noch nicht zu einer unanfechtbaren Entscheidung über den Rechtsbehelf.

 

Normenkette

§ 129, § 171 Abs. 3a AO

 

Sachverhalt

Mit Bescheid vom 9.11.2009 setzte das FA die Umsatzsteuer 2006 aufgrund einer Außenprüfung auf 81.963,50 EUR fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, der nur in geringem Umfang Erfolg hatte. Im Rahmen der sich hieran anschließenden Finanzstreitsache kamen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 24.10.2016 überein, dass ein der USt unterliegendes Geschäftsführerhonorar von 184.000 EUR brutto zu versteuern sei.

Die Vertreterin des FA erklärte sich deshalb bereit, den Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr dahingehend zu ändern, dass die im Bescheid angesetzte Geschäftsführervergütung auf netto 158.620 EUR herabgesetzt wird. Der Vertreter des Klägers erklärte daraufhin, an seinem weiteren Begehren nicht mehr festzuhalten. Die Beteiligten erklärten daraufhin übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

In Umsetzung der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Zusage erließ das FA am 23.11.2016 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es die bisher festgesetzte Umsatzsteuer um 20.698,72 EUR minderte.

Am 21.12.2016 legte der Kläger gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid Einspruch ein und begehrte eine Minderung der Umsätze um 76.191,14 EUR. Aufgrund der Feststellungen im Prüfungsbericht seien die Pachtumsätze aufgrund der Mindestbemessungsgrundlage um 13.582 EUR zu erhöhen gewesen. Die Erfassung der Geschäftsführertätigkeit habe ­zu einer Erhöhung um 287.987,17 EUR geführt. Die Erhöhung der unentgeltlichen Wertabgabe habe 16.760 EUR betragen. Ausgehend von den erklärten entgeltlichen Umsätzen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen von 74.732 EUR ergäben sich somit entgeltliche Umsätze von 376.301,17 EUR. Der Bescheid vom 9.11.2009 habe jedoch entgeltliche Umsätze i.H.v. 498.571 EUR erfasst. Die Abweichung um 122.269,83 EUR sei nicht nachvollziehbar. Die Abweichung von 122.266,84 EUR in der Festsetzung vom 23.11.2016 beruhe auf einem in der Festsetzung vom 9.11.2009 enthaltenen Rechen- oder Übernahmefehler und sei gemäß § 129 AO zu korrigieren. Die Feststellungen der Außenprüfung hätten korrekt ausgewertet werden sollen entsprechend der tatsächlichen Geschäftsführervergütung. Mit Einspruchsentscheidung vom 25.1.2017 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück und verwies darauf, dass der Bescheid das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2016 zutreffend umsetze. Eine weitere Überprüfung der gesamten steuerpflichtigen Umsätze komme nicht mehr in Betracht.

Der hiergegen eingelegten Klage gab das FG statt (FG Düsseldorf, Urteil vom 14.9.2018, 1 K 542/17 U, Haufe-Index 12977905, EFG 2019, 325). Der Steuerbescheid sei nach § 129 AO wegen offenbarer Unrichtigkeit zu ändern. Dass der Bescheid vom 23.11.2016 einen unanfechtbaren Bescheid geändert habe, sei nach § 351 Abs. 1 AO aufgrund des Vorbehalts zu den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten unerheblich. Im Hinblick auf eine Ablaufhemmung nach § 171 AO sei auch noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Das FG habe die Klage zutreffend als zulässig angesehen. Für die Frage des zulässigen Klagebegehrens sei auf die formelle Bescheidlage abzustellen. Das FG habe auch die Änderungsvoraussetzungen nach § 129 AO zutreffend bejaht. Der Änderung stehe der Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht entgegen, da der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3a AO gehemmt gewesen sei.

 

Hinweis

1. Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 3a Satz 1 AO nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist.

2. Eine Steuerfestsetzung wird unanfechtbar, wenn ein Rechtsstreit durch übereinstimmende Erklärungen der Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärt wird (BFH, Urteil vom 22.5.1984, VIII R 60/79, BStBl II 1984, 697, Haufe-Index 75071). Hat das FA aber in der mündlichen Verhandlung vor dem FG den Erlass eines Änderungsbescheids zugesagt und erklären daraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, so ist das FA nach Treu und Glauben an die Zusage gebunden und der Kläger kann, wenn das FA den Erlass des zugesagten Änderungsbescheids ablehnt, den Rechtsstreit mit dem Antrag fortsetzen, das FA zum Erlass des Änderungsbescheids zu verpflichten (BFH, Urteil vom 29.10.1987, X R 1/80, BStBl II 1988, 121, Haufe-Index 61700).

3. Hieraus leitet der BFH nunmehr ab, dass übereinstimmende Erledigungserklärungen im Zusammenhang mit der Zusage einer B...

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