Leitsatz

1. Eine auf dem Hof befindliche Verkaufsstelle oder ein auf dem Hof befindliches Handelsgeschäft (Hofladen) und ebenso das räumlich getrennte Handelsgeschäft sind Bestandteile des landwirtschaftlichen Betriebs, wenn darin ausschließlich Eigenprodukte vertrieben werden.

2. Werden in dem Hofladen oder dem Handelsgeschäft zugekaufte Produkte abgesetzt, entsteht neben dem landwirtschaftlichen Betrieb ein selbstständiger Gewerbebetrieb, wenn der Nettoumsatzanteil aus den zugekauften Produkten ein Drittel des Nettogesamtumsatzes des Hofladens bzw. des Handelsgeschäfts oder 51 500 EUR nachhaltig übersteigt.

3. Fremdprodukte, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses verwendet werden, sind nicht in die Ermittlung der schädlichen Zukaufsgrenze einzubeziehen.

4. Die nachhaltige Überschreitung der Zukaufsgrenzen führt nur zur Umqualifizierung sämtlicher im Hofladen oder Handelsgeschäft getätigter Umsätze.

5. Das Vorliegen einer nachhaltigen Überschreitung der Zukaufsgrenzen beurteilt sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zum Strukturwandel im Bereich der Landwirtschaft (Senatsurteil vom 14.12.2006, IV R 10/05, BFH/NV 2007, 1244, BFH/PR 2007, 250).

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Ein Landwirt hatte von seinen selbst erzeugten Produkten einen Teil von weniger als 40 % über einen Hofladen an Endverbraucher abgesetzt. Außerdem hatte er zugekaufte Produkte in dem Hofladen verkauft. Deren Anteil am Umsatz des Hofladens betrug in den Streitjahren durchschnittlich etwas unter 10 % und absolut zwischen 33 000 DM und 53 000 DM.

Das FA behandelte den Hofladen als eigenständigen Gewerbebetrieb. Dem folgte auch das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.01.2006, 11 K 11330/02, Haufe-Index 1644134, EFG 2007, 210).

 

Entscheidung

Die Revision des Landwirts hatte Erfolg. Nach Meinung des BFH waren die Erlöse aus dem Hofladen den land- und forstwirtschaftlichen Einkünften zuzurechnen, weil sie weder mehr als Drittel des Gesamtumsatzes des Hofladens noch mehr als 100 000 DM betragen hätten.

 

Hinweis

1. Das Urteil stellt neue Grundsätze zur Behandlung der Eigenvermarktung an Endverbraucher durch Landwirte auf.

a) Handelsgeschäfte, in denen ausschließlich eigene Produkte abgesetzt werden, sind unabhängig davon, ob sie sich auf der Hofstelle befinden (Hofladen) oder davon getrennt sind (Marktstand, Einzelhandelsgeschäft, Großhandelsgeschäft) Bestandteil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Es handelt sich nicht um einen Nebenbetrieb. Denn der Absatz der erzeugten Produkte gehört als letzter Akt zur land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Der Anteil der Handelsumsätze am Gesamtumsatz ist ebenso wie deren absolute Höhe ohne Bedeutung.

b) Werden neben eigenen auch zugekaufte Produkte verkauft, kann das Handelsgeschäft ein eigener Gewerbebetrieb sein. Dazu kommt es, wenn der auf den Zukauf entfallende Nettoumsatz entweder relativ mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes in dem Handelsgeschäft oder absolut mehr als 51 500 EUR ausmacht. Der BFH hat damit die auch für Dienstleistungen und die Überlassung von Wirtschaftsgütern geltende Grenze schädlicher nicht landwirtschaftlicher Betätigung auf Handelsgeschäfte übertragen.

c) Nachhaltig schädlicher Zukauf führt dazu, dass das Handelsgeschäft als eigenständiger Gewerbebetrieb behandelt wird. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb bleibt im Übrigen unberührt. Wird der Betrieb von einer Mitunternehmerschaft unterhalten, besteht allerdings die Gefahr der Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.

d) Es gelten die allgemeinen Grundsätze des Strukturwandels. Danach kommt es sofort zur Gewerblichkeit, wenn die Zukaufsgrenze aufgrund planmäßiger Handlungen dauerhaft überschritten wird. Wird die Grenze ohne planmäßiges Handeln überschritten, gilt ein dreijähriger Beobachtungszeitraum. Erst wenn die Grenze in drei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren überschritten wurde, liegt vom vierten Jahr an ein eigenständiger Gewerbebetrieb vor.

2. Mit dem Urteil weicht der BFH nicht nur von bisheriger Rechtsprechung ab, die ausdrücklich aufgegeben wird. Er widerspricht auch R 15.5 Abs. 6 der EStR. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Finanzverwaltung der geänderten Auffassung des BFH anschließt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.03.2009 – IV R 21/06

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