Leitsatz

Tritt ein Dritter durch eine Vertragsübernahme als neuer Käufer in einen noch nicht vollzogenen Grundstückskaufvertrag ein, verwirklicht sich ein Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 7 GrEStG. Dieser schließt bzgl. des nämlichen Grundstücks einen Rechtsträgerwechsel vom Verkäufer auf den neuen Käufer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aus (Aufgabe der Rechtsprechung im Urteil des BFH vom 26.9.1990, II R 107/87, BFH/NV 1991, 482).

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nrn. 1, 5 und 7 GrEStG

 

Sachverhalt

Im Juli 1992 schloss die X-KG – vertreten durch die Klägerin – mit einer Erbengemeinschaft als Veräußerer einen Kaufvertrag über mehrere Grundstücke.

Im November 1992 schlossen dieselben Vertragsbeteiligten einen weiteren notariell beurkundeten Vertrag, wobei die Klägerin nicht nur im Namen der KG, sondern auch im eigenen Namen auftrat. Darin wurde unter Bezugnahme auf den Vertrag vom Juli 1992 vereinbart, dass die Klägerin anstelle der KG mit Wirkung ex tunc Käuferin sein solle. Außerdem änderten die Vertragsbeteiligten den ursprünglichen Vertrag in einigen Punkten.

Im März 1994 schlossen die Erben mit der KG und der Klägerin einen dritten notariell beurkundeten Vertrag. Darin erhöhten sie den Kaufpreis wegen geänderter Flächenverhältnisse entsprechend einer bereits im Vertrag vom Juli 1992 vorgesehenen Regelung. Außerdem übernahm die Klägerin nachträglich einen Teil der Maklerkosten. 1993 erließ das FA in Kenntnis der beiden ersten Verträge gegen die Klägerin – lediglich bezugnehmend auf den Vertrag vom Juli 1992 – einen Grunderwerbsteuerbescheid, den es auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG stützte. Nach Vorlage des dritten Vertrags setzte es die Steuer herauf.

Die Klage, mit der die Klägerin geltend gemacht hatte, es lägen zwei Erwerbsvorgänge vor, nämlich einer von den Erben auf die KG und ein weiterer von der KG auf die Klägerin, der Bescheid erfasse aber nur den ersten Vorgang und richte sich daher gegen den falschen Erwerber, blieb erfolglos. Das FG war der Ansicht, die drei Verträge seien so auszulegen, dass es unter Aufhebung des Kaufvertrags zwischen den Erben und der KG zu einem Neuabschluss zwischen den Erben und der Klägerin gekommen sei. Es sei auch hinreichend deutlich geworden, dass dieser Erwerb habe besteuert werden sollen.

Der BFH gab dagegen der Klägerin Recht.

 

Entscheidung

Der BFH entschied, dass der zweite Vertrag keinen Neuabschluss des Grundstückskaufvertrags – diesmal zwischen den Erben und der Klägerin – bewirkt hat, sondern dass die Klägerin mit dem zweiten Vertrag in den ersten eingetreten ist (Vertragsübernahme). Damit hat die Klägerin derivativ von den Ersterwerbern einen Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs erworben, wobei die Abtretung sogleich erfolgt ist. Dies erfüllt den Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. 7 GrEStG. Es stellt bereits den maßgeblichen Rechtsträgerwechsel dar.

Zivilrechtlich vollzieht sich der Wechsel im Eigentum am Grundstück zwar auch bei einer Vertragsübernahme zwischen den Erben als Nocheigentümern und der Klägerin. Dieser Eigentumswechsel kann aber zu keiner Grunderwerbsteuer mehr führen, weil der schon von § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. 7 GrEStG erfasste Rechtsträgerwechsel auf die Klägerin einen nochmaligen Rechtsträgerwechsel auf sie – diesmal gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG – ausschließt.

Die nochmalige Änderung des ursprünglichen Vertrags durch den dritten Vertrag vom März 1994 ist für die Frage, ob im Streitfall eine Vertragsübernahme oder ein Neuabschluss vorliegt, ohne Bedeutung. Denn die Vertragsänderung vom März 1994 ist erst nach der bereits erfolgten Vertragsübernahme durch die Klägerin vorgenommen worden.

Da der angefochtene Steuerbescheid mit seiner Bezugnahme lediglich auf den ersten Vertrag und auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG einen angenommenen Erwerbsvorgang zwischen den Erben und der Klägerin – und damit einen Erwerbsvorgang, der nicht stattgefunden hat – erfasst, war er aufzuheben.

 

Hinweis

Vereinbaren die Partner eines Grundstückskaufvertrags vor dessem Vollzug mit einem Dritten, dass dieser an die Stelle des Käufers treten soll, kann es sich dabei um eine Vertragsübernahme durch den Dritten oder – was den Dritten betrifft – um einen Neuabschluss des Kaufvertrags mit dem ursprünglichen Veräußerer handeln. Eine Vertragsübernahme liegt vor, wenn sich die Partner im Wesentlichen auf einen Austausch der Käuferseite beschränken. Wird der Grundstückskaufvertrag über diesen Austausch hinaus in weiteren Punkten – etwa bzgl. des Kaufgegenstands oder des Kaufpreises – geändert, kann dies einen Neuabschluss eines Grundstückskaufvertrags zwischen dem ursprünglichen Veräußerer und dem Dritten darstellen.

Neuabschluss und Vertragsübernahme unterscheiden sich dabei nicht darin, zwischen welchen Personen bei der Vertragsdurchführung zivilrechtlich der Eigentumswechsel an den Grundstücken stattfindet. Der Eigentumswechsel vollzieht sich beide Male rechtsnotwendig zwischen dem ursprünglichen Veräußerer als dem bisherigen Grundstückseigentümer und dem Dritten. Sie untersche...

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