Wurden Vorauszahlungen für Herstellungsleistungen verausgabt, die wegen Konkurses des Bauunternehmers nicht erbracht worden sind, können sie als Werbungskosten abgezogen werden.[1] Aus der Geltung des Abflussprinzips (Rz. 62) folgt, dass Vorauszahlungen in dem Jahr als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, in dem sie tatsächlich geleistet wurden. Ohne Bedeutung ist es, zu welchem Jahr die Zahlungen wirtschaftlich gehören. Haben die Parteien des Rechtsverhältnisses die Leistung von Vorauszahlungen vereinbart, muss diese zivilrechtlich wirksame Vereinbarung auch steuerlich anerkannt werden. Daran ändert auch das Bestehen eines (bedingten) Rückzahlungsanspruchs für den Fall, dass das Rechtsverhältnis vorzeitig, d. h. vor Verrechnung der Vorauszahlungen, endet, nichts.[2] Zinsvorauszahlungen sind nur insoweit abziehbar, als sie einen Zeitraum von 12 Monaten betreffen. Darüber hinausgehende Vorauszahlungen sind nur abziehbar, wenn hierfür wirtschaftlich vernünftige Gründe vorliegen, die vom Stpfl. darzulegen sind.

Auch die Vorauszahlung von Werbungskosten unterliegt jedoch der Grenze des Rechtsmissbrauchs (§ 42 AO). Eine bürgerlich-rechtliche Gestaltung ist rechtsmissbräuchlich, wenn sie ungewöhnlich ist und ihr einziger Zweck in der Steuerminderung liegt.[3] Als rechtsmissbräuchlich ist von der Rspr. angesehen worden:

  • die Zahlung eines Damnums erhebliche Zeit (mehr als 1 Monat) vor Auszahlung des Darlehens (vgl. "Damnum");
  • Vorauszahlung laufender Verwaltungsgebühren für 30 Jahre, ohne dass ein anderer Grund als Steuerersparnis dafür erkennbar war[4]; Vorauszahlung für eine erheblich kürzere Zeit (etwa 2 Jahre) sind m. E. dagegen angemessen. Die Ansicht der Verwaltung, die die Vorauszahlung von Schuldzinsen auf 1 Jahr beschränkt[5], ist zu eng.

Für Vorauszahlungen für eine Nutzungsüberlassung gilt § 11 Abs. 2 S. 3 EStG.

Auch eine ungewöhnliche Gestaltung ist steuerrechtlich anzuerkennen, wenn für die Gestaltung wirtschaftliche Gründe bestehen, auch wenn das Motiv der Steuerminderung dabei mitspielt. Wirtschaftliche Gründe sind z. B., wenn mit der Vorauszahlung einer laufenden Verwaltergebühr der Verwaltungsaufwand der laufenden Zahlungen vermieden werden soll und die Einmalgebühr daher entsprechend niedriger ist (z. B. wenn es in die Wahl des Stpfl. gestellt ist, ob er die höheren laufenden Gebühren oder die niedrigere Einmalgebühr zahlen will), oder wenn in die Einmalgebühr eine Verzinsung eingerechnet ist.

Wird die Gestaltung nach § 42 AO als rechtsmissbräuchlich angesehen, sind diejenigen Steuerfolgen zu ziehen, die bei angemessener Gestaltung eingetreten wären. Die Vorauszahlung ist also, trotz des Abflussprinzips, auf die Jahre zu verteilen, zu denen sie wirtschaftlich gehört (Verursachungsjahre).

Eine Nichtabzugsfähigkeit (im Jahr der Zahlung liegt Rechtsmissbrauch vor, im Verursachungsjahr liegt kein Abfluss vor) wäre eine Rechtsfolge, die über den Zweck des § 42 AO hinausschießen würde.

[3] Schwarz, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, Erl. zu § 42 AO.
[5] BMF v. 13.8.1981, IV B 1 – S 2253a – 3/81, 2a, BStBl II 1981, 604.

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