Literatur: Berenkämper, DB 2010, 147; Albert, FR 2010, 267; Grützner, StuB 2010, 616

Bei Studienreisen (Gruppenreisen), insbesondere in das Ausland, ist die berufliche Veranlassung anhand besonderer Kriterien zu prüfen, da Studienreisen häufig allg. Informationsinteressen verfolgen, die nicht berufsspezifisch sind.[1] Für die Prüfung sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Nach der bisherigen Rspr. des BFH setzte der Abzug der Reisekosten als Werbungskosten voraus, dass die Aufwendungen ausschließlich oder weit überwiegend beruflich veranlasst sind und private (touristische) Zwecke, wie z. B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allg. Gesichtskreises (z. B. landeskundliche Kenntnisse bei einem Lehrer oder Geografieprofessor), nach Anlass, Programm und tatsächlicher Durchführung der Reise nahezu ausgeschlossen sind.[2] Keine Werbungskosten lagen vor, wenn sich die Reise nach Inhalt und besuchten Orten nicht von einer touristischen Gruppenreise unterschieden hat und nicht festgestellt werden konnte, in welcher Weise die Reise für die Berufstätigkeit des Stpfl. erforderlich war.[3] Ob die Voraussetzungen für den Abzug von Werbungskosten erfüllt waren, hing von dem Zweck der Reise sowie der Art der Tätigkeit während der Reise ab. Besondere Schwierigkeiten der Abgrenzung von Privat- und Berufssphäre entstanden, wenn die Studienreise einen Inhalt hatte und in Gebiete führte, die auch Gegenstand einer privaten Reise bzw. einer Urlaubsreise sein konnten (Reise in Touristikgebiete, Bildungsreise). Insbesondere trat diese Problematik auf bei Informationsreisen in das Ausland und in bevorzugte Touristikgebiete in der jeweiligen Saison (z. B. in Skigebiete im Winter). Zu berücksichtigen war auch, ob die Reise bezüglich Dauer und Kosten im Verhältnis zur Art, Größe und Bedeutung der beruflichen Tätigkeit des Stpfl. angemessen erschien.[4]

Als Werbungskosten anerkannt werden konnten solche Aufwendungen nur dann, wenn die Verfolgung privater Interessen nach Programm und Gestaltung der Reise nahezu ausgeschlossen war. Die Rspr. hat für die Abgrenzung bestimmte Regeln entwickelt[5], die auch nach Änderung der Rspr. des BFH zu gemischten Aufwendungen weitergelten.[6] Maßgebend sind danach folgende Abgrenzungskriterien:

  • Zuschnitt der Reise auf den Beruf;
  • Homogenität des Teilnehmerkreises;
  • straffe und fachliche Organisation; erhebliche touristische Elemente schaden[7]; eine Organisation durch den einschlägigen Fachverband genügt allein jedoch nicht;
  • Nachweis der Teilnahme am Programm; eine besondere Form des Nachweises ist jedoch nicht vorgeschrieben.[8]
  • Es ist die Bedeutung des Rahmenprogramms zu würdigen (kulturelle, touristische Veranstaltungen und Besichtigungen). Ein umfangreiches touristisches oder kulturelles Programm ist schädlich. Ebenso schädlich ist, wenn die Gestaltung des Tagungsablaufs (lange Mittagspause) Gelegenheit zu privater Tätigkeit bietet[9].
  • Zu beachten ist, in welchem Land und zu welcher Jahreszeit der Kurs stattfindet.[10] Für private Veranlassung spricht auch der häufige Ortswechsel an touristisch interessante Orte.
  • Angemessene Art des Beförderungsmittels.

Regelmäßig liegen jedoch Werbungskosten vor, wenn die Reise Teil der Berufsausübung ist, wenn etwa die Teilnahme vom Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen zwingend angeordnet wird oder wenn sie zwingend festgelegter Bestandteil einer Fortbildungsmaßnahme ist[11] oder wenn das Ergebnis der Reise für die Berufstätigkeit zu verwerten ist.[12] Beruflich veranlasst sind Teilnahmekosten bei Reisen, die zum obligatorischen Teil eines Ergänzungsstudiengangs gehören.[13] Beruflich veranlasst können die Aufwendungen auch sein, wenn die Organisation und Durchführung der Reise zu den Dienstaufgaben des Stpfl. gehört.[14]

Findet die Studienreise in das Ausland statt, ist für Reisen in Staaten der EU nicht zu berücksichtigen, ob der Zweck der Reise (z. B. Fortbildung) auch durch entsprechende Maßnahmen im Inland erreicht werden würde. Nicht zulässig ist auch die Vermutung, dass bei einem Kurs an einem touristisch interessanten Ort im europäischen Ausland erhebliche touristische und damit private Interessen befriedigt werden sollten. Dies würde der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) widersprechen.

Der Große Senat des BFH hat die Rspr. zum Aufteilungs- und Abzugsverbot aufgegeben.[15] Hiernach wird durch § 12 Nr. 1 S. 2 EStG kein allg. Aufteilungs- und Abzugsverbot normiert. Soweit gemischt veranlasste Reisekosten vorliegen, steht diese Vorschrift einer Aufteilung nicht entgegen, wenn die Gruppenreise in berufliche und private Anteile trennbar ist, die nicht nur von völlig untergeordneter Bedeutung sind.[16] Dies folgt aus den objektiven Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen. Dabei kommt als sachgerechter Aufteilungsmaßstab das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht. Zu beachten ist zudem, ob es das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge im Einzelfall erf...

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