Leitsatz

Die Rückausnahme des § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 KStG 1999/2002 i.d.F. des UntStFG und des sog. Korb-II-Gesetzes setzt voraus, dass weder die in Halbs. 1 definierten negativen Tatbestandsmerkmale noch das in Halbs. 2 definierte negative Tatbestandsmerkmal vorliegen. Letzteres umfasst auch den Fall, dass die durch einen nicht von § 8b Abs. 2 KStG 1999/2002 begünstigten Steuerpflichtigen eingebrachte Beteiligung im Rahmen einer Bargründung entstanden ist. Die Regelungen sind nicht wegen Verstoßes gegen das Gebot der Normenklarheit verfassungswidrig.

 

Normenkette

8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 KStG 1999/2002 i.d.F. des UntStFG und des sog. Korb-II-Gesetzes

 

Sachverhalt

Gesellschafter der durch Bargründung entstandenen X-GmbH waren A mit einem Anteil von nominal 95 000 DM und B mit einem Anteil von nominal 5 000 DM. Im Mai 2001 gründeten A und B die Klägerin, ebenfalls eine GmbH, die mit einem Stammkapital von zunächst 25 000  EUR ausgestattet war, das von A und B durch Bareinlagen von jeweils 12 500 EUR aufgebracht wurde. Die Klägerin hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum 31.07.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 23.07.2001 erhöhten die Gesellschafter das Stammkapital der Klägerin um 100 000 EUR auf 125 000 EUR. Jeder Gesellschafter übernahm einen der beiden neuen Anteile zu je 50 000 EUR. A erbrachte seine Einlage durch Zahlung von 2 500 EUR in bar und durch Einbringung seines Anteils an der X-GmbH zum Nominalwert als Sacheinlage. B brachte ebenfalls seinen Anteil an der X-GmbH zum Nominalwert als Sacheinlage und leistete darüber hinaus 47 500 EUR in bar. Nach dem Inhalt des Kapitalerhöhungsbeschlusses sollte der Betrag, um den der wirkliche Wert der Anteile an der X-GmbH die Nennbeträge überstieg, den Gesellschaftern jeweils als Darlehen gutgeschrieben werden. Tatsächlich wurden bei der Klägerin aber keine Gutschriften gebildet.

In ihrer Bilanz zum 31.07.2002 aktivierte die Klägerin die Anteile an der X-GmbH mit AK von 53 711 EUR. Der Teilwert der Anteile betrug zu diesem Zeitpunkt mindestens das Doppelte. In den Streitjahren 2003 und 2004 veräußerte die Klägerin auf der Grundlage eines im April 2002 abgeschlossenen Kaufvertrags einen Teil der Anteile an der X-GmbH und erzielte dadurch Veräußerungsgewinne von 814 092 EUR (2003) und 1 065 659 EUR (2004).

Das FA erfasste die Veräußerungsgewinne in den Bemessungsgrundlagen von KSt und GewSt. Die deswegen erhobene Klage hat das FG abgewiesen (FG Hamburg, Urteil vom 18.02.2008, 3 K 212/06, Haufe-Index 1988828, EFG 2008, 1328).

 

Entscheidung

Der BFH hat sich dem angeschlossen:

Die Klägerin habe die Anteile an der X-GmbH von A und B erworben, die als natürliche Personen nicht zu den von § 8b Abs. 2 KStG 2002 Begünstigten gehörten; der Anteilserwerb sei zu den Nennbeträgen der Geschäftsanteile erfolgt, die niedriger gewesen seien als die Teilwerte.

Ein Rückausnahmetatbestand greife nicht ein. Denn ein Fall des § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 1 KStG 2002 a.F. liege nicht vor, weil die Veräußerung der Anteile innerhalb der Frist von sieben Jahren nach dem Zeitpunkt der Einbringung der Anteile in die Klägerin erfolgt sei. Auch der Fall des § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 KStG 2002 a.F. sei nicht gegeben. Zwar habe es sich bei der Einbringung der Anteile in die Klägerin nicht um eine solche nach § 20 Abs. 1 S. 1 oder nach § 23 Abs. 1 bis 3 UmwStG 1995, sondern um eine Einbringung nach § 20 Abs. 1 S. 2 UmwStG 1995 (Einbringung von mehrheitsvermittelnden Anteilen an einer Kapitalgesellschaft) gehandelt; die (negativen) Tatbestandsmerkmale des Halbs. 1 des § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 KStG 2002 a.F. seien damit nicht gegeben. Jedoch scheitere die Steuerfreiheit daran, dass die Anteile an der X-GmbH auf einer Einbringung durch A und B, d.h. durch nicht von § 8b Abs. 2 KStG 2002 begünstigte Steuerpflichtige beruht habe, sodass ein Fall gegeben sei, in dem nach Halbs. 2 des § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2 KStG 2002 a.F. die Rückausnahme nicht zur Anwendung kommen solle.

 

Hinweis

1. Es handelt sich um ein Urteil zu mittlerweile schon wieder mehrfach geändertem und teilweise abgeschafftem Recht, dem aber doch noch einige Gegenwartsaktualität zukommt:

Urteilsgegenstand ist § 8b Abs. 4 KStG 2002. Ziel dieser Vorschrift war es, Gestaltungsmöglichkeiten und ggf. Gestaltungsmissbräuche in jenen Fällen zu vermeiden, in denen die Beteiligung durch eine steuerneutrale Einbringung nach dem UmwStG erreicht wurde. Wurden derartige Anteile steuerfrei veräußert, konnte es andernfalls zu einer gesetzessystematisch ungewollten Befreiung an sich steuerverhafteter Besteuerungsgrößen kommen. Insbesondere bestand die Befürchtung (und auch die tatsächliche Gefahr), dass nicht nur Anteile an Kapitalgesellschaften, vielmehr auch Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile steuerfrei veräußert werden konnten, indem sie zunächst gem. § 20 UmwStG 1995 steuerneutral in eine GmbH eingebracht und sodann "als" GmbH-Anteile veräußert wurden. Auf diese Weise ließ sich ein – im Extremfall: "ewiger" – Stundungseffekt erreichen, der den gesetzgeberischen Intent...

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