Rz. 21

Die jüngste Regulierung i. R. d. Sustainable Corporate Governance stellt das sog. "Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz" (im Folgenden Lieferkettengesetz; § 15) aus dem Jahr 2021 dar. Wenngleich andere europäische Staaten, z. B. das Vereinigte Königreich und Frankreich, in den vergangenen Jahren ähnliche Gesetze erlassen haben, hat sich auf EU-Ebene neben der CSR-Richtlinie und der EU-Konfliktmineralien-Verordnung 2017/821 noch keine Regulierung zur nachhaltigen Lieferkette durchgesetzt. Wie bereits ausgeführt (Rz 9), hat die EU-Kommission im Frühjahr 2022 einen entsprechenden Richtlinienvorschlag vorgelegt.

Das Lieferkettengesetz ist zum 1.1.2023 in Deutschland in Kraft getreten und richtet sich an alle in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 3.000 im Inland beschäftigten oder ins Ausland entsandten Arbeitnehmern. Dieser Schwellenwert wird zum 1.1.2024 auf 1.000 Arbeitnehmer abgesenkt. Die in § 3 LkSG benannten unternehmerischen Sorgfaltspflichten fokussieren bestimmte Menschenrechte, während umweltbezogene Pflichten deutlich moderater ausfallen.[1]

 

Rz. 22

Im Kern beinhaltet das Lieferkettengesetz ein Lieferketten-bezogenes Risikomanagement. Das Risikomanagement bezieht lediglich Risiken der Lieferkette ein, die vom Unternehmen verursacht sind. Die Anforderungen an die Implementierung eines angemessenen und wirksamen Risikomanagements müssen unternehmensindividuell ausgelegt werden. Aus dem Blickwinkel einer Aktiengesellschaft ist für die Einrichtung der Vorstand zuständig, der bereits seit dem KonTraG aus dem Jahr 1998 nach § 91 Abs. 2 AktG zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems für bestandsgefährdende Risiken verpflichtet ist. Mit dem Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) hatte die Bundesregierung flankierend den § 91 Abs. 3 AktG kodifiziert, wonach börsennotierte Aktiengesellschaften erweiternd ein Risikomanagement- und internes Kontrollsystem zu implementieren haben. Bislang waren Kapitalgesellschaften i. S. d. § 264d HGB lediglich verpflichtet, im Lagebericht die wesentlichen Merkmale des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess zu beschreiben (§ 289 Abs. 4 HGB). Hieraus resultierte bis zum FISG allerdings keine Verpflichtung zur Einrichtung von Systemen, die über den § 91 Abs. 2 AktG hinausgingen.

 

Rz. 23

Das deutsche LkSG und die geplante CSDD-Richtlinie unterscheiden sich in zentralen Punkten. Bei einer künftigen Finalisierung der CSDD-Richtlinie ergeben sich vielfältige Auswirkungen auf die internen Corporate-Governance-Systeme. So weist der CSDD-Entwurf hinsichtlich des künftigen Anwenderkreises, der zu beachtenden Menschenrechts- und Umweltabkommen und der Reichweite der Wertschöpfungskette einen deutlich größeren Umfang auf. Ferner soll ein zivilrechtliches Haftungsregime für Pflichtverletzungen der Unternehmensführung in den EU-Mitgliedstaaten eingeführt werden. Im Unterschied zum nationalen LkSG verdeutlicht die EU-Kommission auch die Notwendigkeit eines stärkeren Austauschs mit den Stakeholder-Gruppen bei der Prozessentwicklung und -verbesserung sowie die Integration der menschenrechts- und umweltspezifischen Sorgfaltspflichten in die allgemeine Unternehmensstrategie.

[1] Vgl. Ehmann, ZVertriebsR 2021, S. 141.

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