Rz. 11

Noch sind ESG-Ratings und Credit-Ratings klar voneinander getrennt. Zukünftig ist jedoch eine stärkere Verzahnung beider Ratingtypen zu erwarten. Moody‘s sowie S&P zeigten mit der Übernahme von Vigeo Eiris (2019) und Robecco SAM (2020) Ambitionen und bereits erste Ansätze hierzu. Aktuell verfolgen beide Agenturen eine duale Strategie, in welcher das Credit-Rating und das ESG-Rating parallel vermarktet werden und bei Investoren für mehr Transparenz sorgen sollen. ESG- sowie Credit-Ratings werden zukünftig einen noch wesentlicheren Teil zur Meinungsbildung bei Investoren hinsichtlich der Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen beitragen. Entscheidend dafür ist auch die jeweilige Analysefähigkeit für Nachhaltigkeitsfragestellungen bei den einzelnen Investorengruppen.

 
Hinweis

Aktuelle Entwicklungen und Gespräche mit Investoren zeigen klar, dass die eigene Fähigkeit zur Analyse der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen bei der wichtigsten Kundengruppe von externen Ratings kontinuierlich weiter zunehmen wird.

2.2.1 Credit-Ratings

 

Rz. 12

Die integrierten ESG-Kriterien im aktuellen Credit-Rating-Prozess spiegeln weitestgehend die Überprüfung der Legal-Compliance-Anforderungen wider. I. d. R. sind die ESG-Kriterien ohne direkte Auswirkungen auf die Credit-Ratings. Es wird in der finanziellen Bewertung von Unternehmen aber zunehmend versucht, einen Sustainability Impact auf das Credit-Rating abzubilden. Primäres Ziel ist die Erhöhung der Transparenz. Aktuell können vereinzelt festgestellte Schwächen zumindest noch teilw. mit Stärken ausgeglichen werden. Die Anbieter der Credit-Ratings stellen eine laufende Erweiterung des bestehenden Ansatzes zur ESG-Integration sicher und haben aus unserer Sicht bei weiterer Standardisierung der Nachhaltigkeitsangaben (Sustainability Disclosures) durch die verschiedenen Offenlegungspflichten das Potenzial, die ESG-Rating-Agenturen mittelfristig vom Markt zu verdrängen.

2.2.2 ESG-Ratings

 

Rz. 13

ESG-Rating-Anbieter bewerten die Nachhaltigkeitsleistung meist ganzheitlich, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten (z. B. legt EcoVadis den Fokus auf die Risiken in der Lieferkette, MSCI betrachtet v.a. die Governance-Strukturen eines Unternehmens, ISS ESG & Sustainalytics haben eine ausgewogene und Impact-basierte "E-S-G"-Verteilung der Betrachtungsschwerpunkte).

 

Rz. 14

Adressaten der ESG-Ratings sind meist die Investoren, wobei ein EcoVadis-Rating z. B. auch für die Erfüllung von Kundenanforderungen eingesetzt werden kann. Teilw. können die ESG-Ratings nur von Investorenseite und nicht von den Unternehmen selbst beauftragt werden. Je nach Rating-Anbieter werden die Unternehmen durch die Bereitstellung oder Validierung von Informationen direkt in den Bewertungsprozess einbezogen, teilw. werden nur unabhängige Informationen, die nicht vom Unternehmen selbst bereitgestellt wurden, für die Bewertung herangezogen (z. B. Scope Group). Abhängig von den Risikoprofilen der Branche, der jeweiligen Größenklasse des Unternehmens und der entsprechenden Schwerpunktsetzung der Rating-Agentur werden verschiedene Messpunkte und Gewichtungen für die Analyse herangezogen.

 

Rz. 15

Die externe Verifizierung (external assurance) der Sustainability Disclosures wirkt sich i. d. R. positiv auf das jeweilige Rating-Ergebnis aus. Trotz unterschiedlicher und teilw. intransparenter Ansätze sind diverse Rating-Agenturen am Markt anerkannt, sowohl bei Equity- wie auch Fixed-Income-Investoren. Ein Marktführer konnte sich unter den ESG-Rating-Anbietern bisher nicht klar durchsetzen. Hier könnte in Zukunft ein gewisser Konzentrationsprozess erfolgen.

 

Rz. 16

Die Bewertung der Unternehmen baut normalerweise auf einer jährlichen Einschätzung durch die Rating-Agenturen auf. Zielsetzung der jeweiligen Bewertung ist die Erhöhung von Transparenz und die Vergleichbarkeit von Unternehmen. Schwächen können bei der Bewertung i. d. R. nicht mit Stärken kompensiert werden.

 

Rz. 17

Neben ganzheitlichen ESG-Ratings können die Analysefähigkeiten der meisten ESG-Rating-Agenturen auch für die Durchführung von Second Party Opinions (SPO) im Zuge der Anwendung von Sustainable-Finance-Instrumenten in Anspruch genommen werden.

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