Rz. 11

Zahlreiche Unternehmen werden künftig erstmals aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder auf freiwilliger Basis ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung einer externen Prüfung unterziehen. Damit verbunden ist häufig die Frage, was in diesem Zusammenhang auf die Unternehmen zukommt. Gegenstand einer externen Prüfung bildet stets das Ist-Objekt, also der nach einem Rahmenwerk aufgestellte Nachhaltigkeitsbericht. Dieser Nachhaltigkeitsbericht wird dann gegen das verwendete Soll-Objekt, z. B. HGB, GRI etc. geprüft. Die zentralen Fragestellungen einer externen Prüfung lauten:

Abb. 4: Fragestellungen bei der Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts

 

Rz. 12

Die 1. Frage bezieht sich auf die Wesentlichkeit und damit den Prozess der Materialitätsanalyse. Die 2. Frage hat die Korrektheit der berichteten Informationen zum Gegenstand. Bei der externen Überprüfung von Nachhaltigkeitsinformationen kommt i. d. R. der Prüfungsstandard ISAE 3000 (Rev.)[1] zur Anwendung, der unabhängig vom verwendeten Soll-Objekt die vom externen Prüfer durchzuführenden Prüfungskriterien und Prüfungshandlungen enthält:

Abb. 5: Prüfungskriterien und -handlungen gem. ISAE 3000 (Rev.)

Dabei unterscheiden sich in der beauftragten Prüfungstiefe – begrenzte oder hinreichende Sicherheit – Art und Umfang der durchzuführenden Prüfungshandlungen. Während bei einer Beauftragung zur Erlangung einer begrenzten Sicherheit für das Prüfungsurteil analytische Prüfungshandlungen und Befragungen im Vordergrund stehen, werden zur Erlangung einer hinreichenden Sicherheit umfangreichere Prüfungshandlungen erforderlich, die v.a. auf ein eingerichtetes internes Kontrollsystem (IKS) für die Nachhaltigkeitsinformationen abzielen (siehe zu Prüfungstiefe und Vermerk einer nichtfinanziellen Erklärung § 9 Rz 38 ff.).

 

Rz. 13

Mittels der Prüfungshandlungen erfolgt die Einschätzung des externen Prüfers über die Entsprechung des Ist-Objekts mit dem Soll-Objekt. Am Beispiel einer nichtfinanziellen Erklärung sind die Prüfungshandlungen darauf ausgerichtet, die beauftragte Prüfungssicherheit zu erlangen, ob das aufgestellte Ist-Objekt den nachfolgenden gesetzlichen Vorgaben entspricht:

 
Bestandteile der Berichterstattung (§ 289c Abs. 2 HGB)
  • Geschäftsmodell
  • Wesentlichkeit
  • Aspekte
  • Sachverhalte
Berichtsumfang (§ 289c Abs. 3 HGB)
  • Konzepte
  • Ergebnisse
  • bedeutsamste Kennzahlen
  • nichtfinanzielle Risiken
  • ggf. Verweise auf den Jahresabschluss/Konzernabschluss

Tab. 5: Vorgaben des CSR-RUG

 

Rz. 14

Bei der externen Prüfung handelt es sich um keine Vollprüfung, sondern um einen risikoorientierten Ansatz, der sich idealtypisch über einen längeren Zeitraum um den Bilanzstichtag des Unternehmens erstreckt und in eine Vor- und Hauptprüfung unterteilt werden kann. Abb. 6 zeigt beispielhafte Prüfungshandlungen in den unterschiedlichen Phasen der Prüfung einer nichtfinanziellen Erklärung oder eines Nachhaltigkeitsberichts auf:

Abb. 6: Phasen einer externen Prüfung

 

Rz. 15

Bei den Prozessaufnahmen handelt es sich i. d. R. um Befragungen, die der externe Prüfer mit den Verantwortlichen im Unternehmen durchführt. Diese können sich bspw. beziehen auf

  • genaue Definition von qualitativen und quantitativen KPIs (z. B. Lieferantenaudits, Mitarbeiterzufriedenheit, Wasserverbrauch, Emissionen, Abfallmengen),
  • Verständnis des Prozesses der Datenerhebung und Datenaggregation (z. B. manuell oder automatisch, zentral oder dezentral),
  • Verständnis des Prozesses der Validierung und der Datenkontrollmechanismen (z. B. Überwachung durch QM, implementierte manuelle oder automatische Kontrollen),
  • Einblicke in die Prozesse durch einen "Walk-through" (z. B. IT-System, Excel-Sheet-Berechnungen),
  • Identifikation von und Umgang mit Risiken aus der Geschäftstätigkeit auf nichtfinanzielle Belange.

I. R. d. Befragungen werden i. d. R. vereinzelte Prüfungsnachweise vom zu prüfenden Unternehmen erbeten, die sich beziehen können auf

  • prozessbezogene Einzelfallüberprüfungsmaßnahmen,
  • qualitative und quantitative Maßnahmen zur Einzelfallprüfung.
 

Rz. 16

Als Beispiele für solche zu erbringenden Prüfungsnachweise, einschl. der Anforderungen an ihre Eigenschaften, können angesehen werden:

Abb. 7: Beispiele und Anforderungen für Nachweisdokumente

Der Verlauf der Prüfung kann als kontinuierlicher Austausch zwischen Prüfer und dem Aufsteller der Nachhaltigkeitsberichterstattung angesehen werden.

 

Rz. 17

Derzeit unterliegen die Standards zur Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen einer Weiterentwicklung. So wurde beim International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) im September 2022 ein Projektvorschlag für einen neuen übergreifenden Standard zur Nachhaltigkeitsprüfung genehmigt und daraufhin mit der Entwicklung des internationalen Standards zur Nachhaltigkeitsprüfung ISSA 5000 "General Requirements for Sustainability Assurance Engagements" begonnen. Zudem wurden vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) im November 2022 mit dem IDW EPS 990 und IDW EPS 991 2 Entwürfe zur Prüfung der nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattun...

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