Leitsatz

1. Die entgeltliche Überlassung von Eintrittskarten zu einem sportlichen oder kulturellen Ereignis an einen Reiseveranstalter ist keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung.

2. Der Ort dieser Leistung bestimmt sich in Ermangelung einer Spezialregelung gem. § 3a Abs. 1 UStG nach dem Sitzort des leistenden Unternehmers.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1, § 3 Abs. 9, § 3a Abs. 1, § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG 1993

 

Sachverhalt

Die im Inland ansässige Klägerin stellt für Reiseveranstalter Paketreisen zusammen. Im Zusammenhang damit verkaufte sie im Streitjahr 1996 im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Eintrittskarten für ausländische Veranstaltungen. Die Umsätze aus dem Verkauf dieser Eintrittskarten erklärte sie nicht in ihrer USt-Erklärung.

Das FA nahm an, die Überlassung der Eintrittskarten sei keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung und als solche gem. § 3a Abs. 1 UStG 1993 im Inland steuerbar und steuerpflichtig.

Das FG wies die Klage ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 06.03.2008, 5 K 684/02, Haufe-Index 2082759, EFG 2009, 217).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Bei der Entscheidung, ob bei dem Handel mit Eintrittskarten für im Ausland stattfindende Veranstaltungen eine im Inland steuerbare Leistung vorliegt, kann es darauf ankommen, ob es sich um eine Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) oder eine sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG) handelt.

Denn wird bei einer Lieferung der Gegenstand nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (§ 3 Abs. 7 UStG).

Dagegen wird gem. § 3a Abs. 1 S. 1 UStG eine sonstige Leistung vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.

Bei der Abgrenzung einer Lieferung von einer sonstigen Leistung ist entscheidend auf den Charakter des Umsatzes aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen.

2. Eintrittkarten sind zivilrechtlich kleine Inhaberpapiere i.S.v. § 807 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 11.09.2008, I ZR 74/06, BGHZ 178, 63). Der Inhaber erwirbt mit der Übertragung der Verfügungsmacht an der Eintrittskarte das Recht, die Leistung des Verpflichteten in Anspruch zu nehmen.

Dem Erwerber einer Eintrittkarte geht es entscheidend um das – in dem Papier verkörperte – Recht, an der in der Karte bezeichneten Veranstaltung teilnehmen zu dürfen. Sein Interesse erschöpft sich nicht – wie z.B. bei einem Buch – an dem Besitz des Papiers, sondern für ihn ist die Karte das Mittel, um Zutritt zu der Veranstaltung, einer sonstigen Leistung, zu erhalten. Deshalb ist die Überlassung einer Eintrittskarte als sonstige Leistung zu qualifizieren.

3. Auch das Gemeinschaftsrecht geht davon aus, dass die Überlassung von Eintrittskarten eine Dienstleistung und keine Lieferung ist. Art. 53 der MwStSystRL regelt den Ort von Dienstleistungen und erwähnt in seiner ab dem Jahr 2011 geltenden Fassung ausdrücklich die "Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen betreffend die Eintrittsberechtigung".

4. Als sonstige Leistung wird die Überlassung von Eintrittskarten nach § 3a Abs. 1 S. 1 UStG am Sitz des leistenden Unternehmers ausgeführt. Befindet sich der Sitz im Inland, liegt auch dann eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Leistung vor, wenn die Veranstaltung, zu der die Eintrittskarten den Zutritt ermöglichen, im Ausland stattfindet. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Eintrittskarten dem Erwerber im Inland oder erst am ausländischen Veranstaltungsort übergeben werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 03.06.2009 – XI R 34/08

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