Leitsatz

Bei der Verzinsung von Lohnguthaben, die auf Grund einer den Arbeitsvertrag ergänzenden auf tarifvertraglicher Basis getroffenen Betriebsvereinbarung erfolgt, handelt es sich um Arbeitslohn, da die Verzinsung primär durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Die Zinsen stellen keine Vergütungen für eine Kapitalüberlassung dar und sind demzufolge nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu beurteilen.

 

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um die steuerliche Qualifizierung von Zinseinnahmen, die den Arbeitnehmern für angesammelte Guthaben auf den tarifvertraglich vorgesehenen individuellen betrieblichen Ausgleichskonten gezahlt wurden. Diese Ausgleichskonten wurden für jeden Arbeitnehmer geführt, um die Differenz zwischen dem Lohn für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und dem errechneten Monatslohn festzustellen. Die Guthaben auf den Ausgleichskonten wurden nach der kollektiven arbeitsrechtlichen Verzinsungsvereinbarung mit dem Betriebsrat verzinst. Die Arbeitgeberin, eine tarifgebundene Bauunternehmung, sah die Zinsen als Kapitalerträge und nicht als Arbeitslohn an, so dass sie keinen Lohnsteuerabzug vornahm. Das Finanzamt hingegen qualifizierte die Zinsen als Arbeitslohn und erließ gegen die Arbeitgeberin einen Haftungsbescheid. Das gegen diesen Haftungsbescheid geführte Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Das FG folgte der Auffassung des Finanzamtes und sah die Zinsen als Einnahmen an, die ihre entscheidende Ursache im Arbeitsverhältnis hatten und daher Arbeitslohn darstellten. Für die Abgrenzung der Kapitaleinkünfte von den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit komme es darauf an, welcher Veranlassungszusammenhang im Vordergrund stehe. Da der Verzinsung des Lohnguthabens eine kollektive arbeitsrechtliche Betriebsvereinbarung auf tarifvertraglicher Basis zu Grunde lag, sei das Arbeitsverhältnis gegenüber einem angenommenen Darlehensverhältnis vorrangig. Nicht der Abschluss von Darlehensverträgen, sondern die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses sei Sinn und Zweck von Tarifvereinbarungen. Daher müssten die Zinsen als Arbeitslohn angesehen werden.

 

Hinweis

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat das FG die Revision zum BFH zugelassen. Von besonderer praktischer Relevanz ist das Urteil des FG für geringfügig Beschäftigte, bei denen bestimmte Arbeitszeitmodelle (z. B. Teilzeit mit Jahresarbeitszeit) zur Anwendung kommen, so dass verzinsungspflichtige Guthaben auf dem Ausgleichskonto angesammelt werden. Die als Arbeitslohn zu qualifizierenden Zinsen können zur Überschreitung der 400 EUR-Grenze und damit zur Steuer- und Versicherungspflicht des Arbeitsverhältnisses führen.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 16.12.2003, 13 K 2681/03

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