OFD Nordrhein-Westfalen, 28.3.2019, S 2144 - 2018/0011 - St 143

Anwendung des BFH-Urteils vom 14.3.2018, X R 17/16 und des BMF-Schreibens vom 2.11.2018

Mit Urteil vom 14.3.2018, X R 17/16 hat der BFH gegen die bisherige Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben vom 17.11.2005, BStBl 2005 I S. 1019, RdNr. 11f.) über die Berücksichtigung von Verlusten bei der Ermittlung der nichtabzugsfähigen Schuldzinsen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG entschieden. Demnach sind Verluste in einem ersten Schritt Gewinnen entsprechend in vollem Umfang in die Berechnung der Über- bzw. Unterentnahmen einzubeziehen. Da Verluste aber für sich genommen nicht zu Überentnahmen führen dürfen, sieht der BFH in einem zweiten Schritt eine Begrenzung der Bemessungsgrundlage i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG im Wege teleologischer Reduktion auf den so genannten kumulierten Entnahmenüberschuss vor. Dieser errechnet sich aus sämtlichen Entnahmen abzüglich der Einlagen der Totalperiode, d.h. seit der Betriebseröffnung, frühestens aber seit dem 1.1.1999.

Diese geänderte Berechnungsweise hat die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 2.11.2018, BStBl 2018 I S. 1207, übernommen (siehe RdNr. 8 und 16). In RdNr. 46 sieht das BMF-Schreiben deren Anwendung ohne Übergangsregelung in allen offenen Fällen vor und räumt dem Steuerpflichtigen – letztmalig für das Wirtschaftsjahr, das vor dem 1.1.2018 begonnen hat, – ein Wahlrecht auf Berechnung nach der alten Verwaltungssauffassung ein. Demnach ist für Wirtschaftsjahre, die dem Kalenderjahr entsprechen, ab dem Veranlagungszeitraum 2018 und für abweichende Wirtschaftsjahre ab dem Veranlagungszeitraum 2019 die neue Berechnungsweise zwingend anzuwenden.

Erstveranlagungen von „Altjahren”, d.h. solchen bis zum Veranlagungszeitraum 2017 bzw. 2018, sind grundsätzlich nach der neuen Berechnungsweise vorzunehmen. Ist diese für den Steuerpflichtigen gegenüber der alten Verwaltungssauffassung ungünstiger, kann er von seinem Antrags- bzw. Wahlrecht Gebrauch machen. Der Antrag kann sowohl in der Steuererklärung als auch nachträglich gestellt werden. Bei Mitunternehmerschaften ist ein einvernehmlicher Antrag aller Mitunternehmer erforderlich.

In Änderungsveranlagungen ist eine Neuberechnung der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen nicht in sämtlichen offenen Fällen von Amts wegen durchzuführen. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Liegt bereits ein Einspruch vor oder äußert der Steuerpflichtige sein Begehren auf Anwendung der Grundsätze des BMF-Schreibens vom 2.11.2018 im Zusammenhang mit einem Änderungsantrag, ist eine Günstigerprüfung der beiden Berechnungsweisen und ggf. eine Änderungsveranlagung erforderlich. Änderungen für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2018 begonnen haben, dürfen aus Vertrauensschutzgründen nur zu Gunsten des Steuerpflichtige erfolgen (vgl. § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO).

Das Antragsrecht des Steuerpflichtigen auf Anwendung der alten Verwaltungsauffassung in „Altjahren” besteht nur insoweit, als in den Vorjahren die neue Berechnungsweise noch nicht angewandt wurde. Ist der Steuerpflichtige zur Berechnungsweise nach BFH-Grundsätzen übergegangen, besteht kein Grund mehr für die Gewährung weiteren Vertrauensschutzes und die neue Berechnungsweise muss in den Folgejahren zwingend fortgeführt werden. Die Regelung in RdNr. 46 des BMF-Schreibens betrifft nur den einmaligen Wechsel zur neuen Berechnungsweise. Ein Hin- und Herwechseln zwischen beiden Berechnungsweisen ist daher nicht möglich.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4a

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