Rz. 505

§ 4 Abs. 4a Satz 2 EStG[1] schränkt bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften den Abzug betrieblich veranlasster Schuldzinsen ein, wenn Überentnahmen höher sind als die Summe aus Gewinn und Einlagen des Wirtschaftsjahres; abgestellt wird also nicht auf einen bestimmten Stand des Kapitalkontos.

Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 EUR verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen. Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt (§ 4 Abs. 4a EStG).

Die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG ist eine betriebsbezogene Gewinnhinzurechnung. Der Hinzurechnungsbetrag ist daher auch für jede einzelne Mitunternehmerschaft zu ermitteln. Der Begriff der Überentnahme sowie die ihn bestimmenden Merkmale (Einlage, Entnahme, Gewinn und ggf. Verlust) ist dagegen gesellschafterbezogen auszulegen. Die Überentnahme bestimmt sich nach dem Anteil des einzelnen Mitunternehmers am Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft (Anteil am Gewinn der Gesellschaft einschließlich Ergänzungsbilanzen zuzüglich/abzüglich eines im Sonderbetriebsvermögen erzielten Ergebnisses) und der Höhe seiner Einlagen und Entnahmen (einschließlich Sonderbetriebsvermögen). Der Kürzungsbetrag nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG i. H. v. 2.050 EUR ist gesellschaftsbezogen anzuwenden, d. h. er ist nicht mit der Anzahl der Mitunternehmer zu vervielfältigen. Er ist auf die einzelnen Mitunternehmer entsprechend ihrer Schuldzinsenquote aufzuteilen; dabei sind Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens stehen, zu berücksichtigen.[2]

 

Rz. 506

Zur Berücksichtigung von Verlusten im Zusammenhang mit der Ermittlung der nichtabzugsfähigen Schuldzinsen i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG nimmt die OFD NRW mit Verfügung v. 28.3.2019, S 2144-2018/0011-St 143, DB 2019, 937, wie folgt Stellung:

Zitat

Mit Urteil v. 14.3.2018 (X R 17/16, DB 2018, 1765) hat der BFH gegen die bisherige Verwaltungsauffassung (BMF, Schreiben v. 17.11.2005, BStBl I S. 1019 = DB 2005, 2549, Rn. 11 f.) über die Berücksichtigung von Verlusten bei der Ermittlung der nichtabzugsfähigen Schuldzinsen i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG entschieden. Demnach sind Verluste in einem ersten Schritt Gewinnen entsprechend in vollem Umfang in die Berechnung der Über- bzw. Unterentnahmen einzubeziehen. Da Verluste aber für sich genommen nicht zu Überentnahmen führen dürfen, sieht der BFH in einem zweiten Schritt eine Begrenzung der Bemessungsgrundlage i. S. d. § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG im Wege teleologischer Reduktion auf den sog. kumulierten Entnahmeüberschuss vor. Dieser errechnet sich aus sämtlichen Entnahmen abzüglich der Einlagen der Totalperiode, d. h. seit der Betriebseröffnung, frühestens aber seit dem 1.1.1999. Diese geänderte Berechnungsweise hat die Finanzverwaltung mit BMF, Schreiben v. 2.11.2018 (BStBl 2018 I S. 1207 = DB 2018, 2790) übernommen. In Rn. 46 sieht das BMF-Schreiben deren Anwendung ohne Übergangsregelung in allen offenen Fällen vor und räumt dem Steuerpflichtigen – letztmalig für das Wirtschaftsjahr, das vor dem 1.1.2018 begonnen hat – ein Wahlrecht auf Berechnung nach der alten Verwaltungsauffassung ein. Demnach ist für Wirtschaftsjahre, die dem Kalenderjahr entsprechen, ab dem Vz. 2018 und für abweichende Wirtschaftsjahre ab dem Vz. 2019 die neue Berechnungsweise zwingend anzuwenden.

Als folgende Erstveranlagungen von "Altjahren", d. h. solchen bis zum Vz. 2017 bzw. 2018, sind grds. nach der neuen Berechnungsweise vorzunehmen. Ist diese für den Steuerpflichtigen gegenüber der alten Verwaltungsauffassung ungünstiger, kann er von seinem Antrags- bzw. Wahlrecht Gebrauch machen. Der Antrag kann sowohl in der Steuererklärung als auch nachträglich gestellt werden. Bei Mitunternehmerschaften ist ein einvernehmlicher Antrag aller Mitunternehmer erforderlich. In Änderungsveranlagungen ist eine Neuberechnung der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen nicht in sämtlichen offenen Fällen von Amts wegen durchzuführen. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Liegt bereits ein Einspruch vor oder äußert der Steuerpflichtige sein Begehren auf Anwendung der Grundsätze des BMF-Schreibens v. 2.11.2018 im Zusammenhang mit einem Änderungsantrag, ist eine Günstiger...

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