Gestufte Deckungs­beitrags­rechnung als Grundmodell

Die bewährte Systematik der gestuften Deckungsbeitragsrechnung bietet sich als Ausgangsmodell an, um produkt- oder kundenbezogene Ergebnisbeiträge auch einer Wertschöpfungskette festzustellen bzw. zu planen.[1] Typischerweise erfolgt eine solche Deckungsbeitragsrechnung pro Abrechnungsperiode, also pro Monat oder Jahr. Für Entscheidungsrechnungen über mehrere Perioden oder gar den Lebenszyklus eines Produkts müssen die betroffenen Perioden aufaddiert werden, sofern Zinseffekte vernachlässigbar sind. Alternativen wären "abzinsende" Barwertmethoden, wie DCF oder Realoptionen.

Ganz wesentlich ist die Festlegung einer verbindlichen Systematik und einheitlicher Rechenmethoden für alle Deckungsbeitragsrechnungen einer Wertschöpfungskette nach etwa den folgenden Überlegungen:

  • Beim Umsatz als Ausgangsgröße dürften keine Schwierigkeiten auftreten; allenfalls ergibt sich eine Wechselkursproblematik, wenn Umsätze nicht in der "functional currency" der Wertschöpfungskette abgerechnet werden. Klar ist, dass nur Umsätze eingerechnet werden, die mit einem Endkunden, also zwischen dem letzten Kettenmitglied und dem Endabnehmer, erfolgen. Würden Zwischenumsätze in der Kette berücksichtigt, würde dies zu falschen Steuerungsinformationen führen und z. B. Deckungs- oder Wertbeiträge vorspiegeln, die noch nicht entstanden sind oder die nie entstehen werden.
  • Bei der Kostenzurechnung wird es schwieriger. Generell gilt das Umsatzkostenverfahren, d. h., es werden nur diejenigen Herstellkosten berücksichtigt, die auf den tatsächlichen Umsatz mit einem Endkunden bezogen sind. Ob dann Plan-, Ist- oder Standardherstellkosten verrechnet werden, ist eine der ersten zu klärenden Fragen. Gegebenenfalls sind Ist-Abweichungen zu verrechnen. Auf jeden Fall aber sind schon die Herstellkosten nach einheitlichen Regeln zu berechnen. Schnell treffen hierbei unterschiedliche Rechensysteme oder gar -philosophien der Kettenmitglieder aufeinander, und es muss Einigkeit erzielt werden.
 
Praxis-Tipp

Virtuellen "Zentral-Controller" einführen

Idealerweise gibt es auch in der Wertschöpfungskette einen "Zentral"-Controller, der ggf. ein Machtwort sprechen kann. Allerdings müssen sich die Beteiligten darauf zunächst vertraglich verständigen.

  • Dann gilt es, die weiteren Kostenpositionen der Deckungsbeitragsrechnung zu definieren und zu klären, ob und zu welchen Teilen die F&E-, Marketing-, Distributions- oder Unternehmensgemeinkosten wie zu verrechnen sind. Das ist nicht nur methodisch schwierig, sondern es müssen auch die Rechenwerke aller Beteiligten so gestaltet werden, dass sie die geforderten Informationen zeitgerecht für Planungen, Soll-Ist-Vergleiche und Analysen liefern können. In der Regel wird es so sein, dass gleiche Kostenarten von mehreren Beteiligten für die Deckungsbeitragsrechnungen der Wertschöpfungskette "zugeliefert" werden.
  • Entscheidend für die Aussagekraft einer konsolidierten Deckungsbeitragsrechnung sind die gewählten Stufen: Was sind DB I, DB II, Betriebsergebnis etc.? Soll es letztlich eine Vollkostenrechnung sein oder arbeitet man "nur" mit Teilkosten? Auch hier werden Glaubensstreite entstehen, die der Value Chain Controller zur Lösung führen muss.

Verrechnung der vollen Kapitalkosten notwendig

Gestufte Deckungsbeitragsrechnungen sind normalerweise nicht auf Wertbeiträge, sondern auf die Ermittlung des klassischen Betriebsergebnisses bzw. vorgelagerter Deckungsbeiträge ausgelegt. Es gibt Ansätze, über kalkulatorische Kosten die vollen Kapitalkosten einzubeziehen. Nicht zuletzt haben dies schon die Väter der deutschen Kostenrechnung mithilfe von "kalkulatorische Zinsen" mehr oder weniger bewusst gemacht. Wo dies akzeptiert ist, muss lediglich eine korrekte, risikoadjustierte Eigenkapitalrendite (in diesem Fall idealerweise für die ganze Wertschöpfungskette) gefunden und eingerechnet werden.

 
Praxis-Tipp

Zinsen über CAPM bestimmen

Die kalkulatorischen Zinsen kann man beispielsweise mithilfe der Capital-Asset-Pricing-Methode (CAPM) bestimmen. Wirtschaftsprüfer sind hier sicherlich gerne behilflich. Jedenfalls genügt es für die Zwecke der Wertorientierten Unternehmensführung nicht, einen wie auch immer gearteten "Kapitalmarktzins" freihändig festzulegen.

Wenn die Berechnungen sorgfältig gemacht werden, genügen sie den Ansprüchen einer Wertorientierung schon sehr weitgehend. Der große Vorteil dieses Vorschlags ist es, dass er kein Umdenken in der Deckungsbeitragssystematik erfordert, wohl aber in der Interpretation der Rechenergebnisse. Bis heute ist bei vielen Managern der Eindruck vorhanden, Eigenkapital koste kein Geld. Dass es – richtig betrachtet – eine höhere Verzinsung als Fremdkapital erfordert und das auch noch als Mindestverzinsung, d. h. als eine zu überschreitende Schwelle, wenn Wert geschaffen werden soll, muss vielfach noch "in die Köpfe" der verantwortlichen und entscheidungsbefugten Manager. Gelegentlich haben sogar Controller damit Verständnisprobleme; aber sie sind gefragt, wenn e...

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