Leitsatz

Die X-GmbH & Co. KG betreibt in mehreren Filialen den Einzelhandel mit Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs. Erstmals zum 31. 12. 1988 bewertete sie einen Teil des Warenbestands mit einem niedrigeren Wert als den → Anschaffungskosten , indem sie von den Verkaufspreisen statt der Handelsspanne (Normalkalkulationsspanne) eine darüber hinausgehende Kostenspanne absetzte. Die Kostenspanne wurde anhand einer als Kostenstellenrechnung bezeichneten Aufgliederung der jeder Filiale zuzuordnenden Gemeinkosten ermittelt, um die bis zum Verkauf der Ware noch anfallenden und durch den Rohgewinnaufschlag nicht zu deckenden Kosten festzustellen. Dadurch kam es zu einem Abschlag bei der Bewertung von ca. 360 000 DM.

Das Finanzamt hielt diese Bewertung im Anschluss an eine Betriebsprüfung für unzulässig, weil dadurch selbst aktuelle Ware mit einem unter den Anschaffungskosten liegenden Wert angesetzt worden sei, obwohl sie keine Wertminderung aufweise, und änderte deshalb die Gewinnfeststellung entsprechend ab.

Auch der BFH erkennt die → Teilwertabschreibung nicht an. Er stellt sich auf den Standpunkt, dass in den Fällen, in denen ein Unternehmen insgesamt rentabel geführt wird, die Aufnahme einzelner so genannter Verlustprodukte in das Sortiment zumindest nicht schädlich ist, d. h. keine Fehlmaßnahme darstellt. Ein gedachter Erwerber des Betriebs, der diesen so erwirbt, wie er vom Veräußerer geführt wurde, und ihn in dieser Form jedenfalls zunächst unverändert fortführt, hätte daher keinen Anlass, für die Verlustprodukte einen niedrigeren Betrag als die Anschaffungskosten anzusetzen, weil diese Produkte keinen negativen Erfolgsbeitrag für den Betrieb im Ganzen leisten und er sie sich ebenfalls nur zu den vom Veräußerer aufgewendeten Wiederbeschaffungskosten beschaffen könnte. Verlustprodukte, mit deren Verkauf wirtschaftliche Vorteile für das Unternehmen im Ganzen verbunden sind, sind also auch dann mit den Anschaffungskosten und nicht mit einem niedrigeren Teilwert zu bewerten, wenn der Verkaufspreis bewusst nicht kostendeckend kalkuliert ist. Das gilt jedenfalls, wenn das Unternehmen Gewinne erzielt. Die Versagung der Teilwertabschreibung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Einzelbewertung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.04.1999, IV R 14/98

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