5.1 Bestandteile des Jahresabschlusses und Grundregeln der Gliederung

IAS 1 "Presentation of Financial Statements" enthält Ausweisvorschriften für die folgenden Grundelemente des Jahresabschlusses:

  • Bilanz (balance sheet oder statement of finanical position),
  • Gesamtergebnisrechnung und GuV (statement of comprehensive income und income statement),
  • Eigenkapitalveränderungsrechnung (statement of changes in equity),
  • Kapitalflussrechnung (statement of cash flows),
  • Anhang (notes).

Die GuV darf in die Gesamtergebnisrechnung integriert (one-statement-approach) oder wahlweise separat dargestellt werden (two-statement-approach).

Für die Gliederung vorgegeben werden in IAS 1 (alternative) Grundstrukturen. Ergänzende Ausweisvorschriften sind z. T. in den einzelnen IFRS enthalten. Als Basisvorschriften für die Gliederung hebt IAS 1 folgende Anforderungen hervor:

  • Darstellungsstetigkeit (IAS 1.45),
  • Wesentlichkeit (materiality) und Zusammenfassung von Posten (IAS 1.29),
  • (eingeschränktes) Saldierungsverbot (IAS 1.32),
  • Vorjahresvergleich (IAS 1.38).

Die Darstellungsstetigkeit ist ähnlich wie im Handelsrecht (§ 265 Abs. 1 HGB) der Normalfall. Eine Abweichung von der vorjährigen Gliederung ist zulässig, jedoch nur dann, wenn entweder ein neuer IFRS eine geänderte Darstellung fordert oder die geänderte Darstellung, insbesondere aufgrund veränderter operativer Sachverhalte, eine bessere, tatsachengetreue Präsentation verspricht.

Unter Wesentlichkeitsgesichtspunkten (materiality) kann eine Zusammenfassung von Sachverhalten ähnlicher Art und Natur geboten sein (ähnlich § 266 Abs. 7 HGB). Die Wesentlichkeit ist abgestuft zu beurteilen. Ein Betrag, der zu gering ist, um in der Bilanz oder GuV separat ausgewiesen zu werden, kann noch wesentlich genug sein, um im Anhang gesondert erläutert zu werden.

Die Saldierung von Aktiva und Passiva ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn eine entsprechende Regelung in einem Einzelstandard getroffen wird. In der GuV können bzw. sollen saldiert werden: Erlöse mit Erlösminderungen, Erlöse aus dem Abgang von Anlagevermögen mit dem Buchwertabgang, Gewinne und Verluste aus einer Gruppe ähnlicher Aktivitäten, Kursgewinne mit -verlusten aus als Portfolio gemanagten Finanzinstrumenten.

Die Angabe von Vorjahreswerten ist abweichend vom HGB (§ 265 Abs. 2 HGB) für alle Elemente des Jahresabschlusses, insbesondere auch für den Anhang, geboten.

Bei zulässiger (begründeter freiwilliger oder durch neue Standards geforderter pflichtweiser) Durchbrechung der Ausweis-, Bewertungs- oder Ansatzstetigkeit oder bei Fehlerkorrektur ist nach IAS 1.10(f) i. V. m. IAS 1.39c ergänzend zu der sonst geforderten Darstellung für zwei Bilanzstichtage (aktuelles Jahr und Vorjahr) als drittes Element auch die Eröffnungsbilanz des Vorjahres anzugeben ("dritte Bilanz").

Bei retrospektiven Änderungen oder Fehlerkorrekturen, die nicht die Bilanz, sondern nur die Gesamtergebnisrechnung, Kapitalflussrechnung, Segmentberichterstattung oder den Anhang betreffen, ist keine dritte Bilanz erforderlich (IAS 1.40A).

IAS 1 wird voraussichtlich 2024 durch IFRS 18 ersetzt werden. Sieht man von redaktionellen Änderungen und Klarstellungen ab, nimmt also nur das Inhaltliche ins Visier, wird IFRS 18 die bisherigen Regeln nicht grundlegend verändern, also beispielsweise die Gliederung der Bilanz nach Fristigkeit ebenso beibehalten wie die wahlweise Aufgliederung der GuV nach Umsatzkosten- oder Gesamtkostenformat. Klarer und zwingender als bisher wird allerdings in der GuV zwischen operativem, investivem und finanziellem Bereich unterschieden (dazu Kap. 5.3).

5.2 Gliederung der Bilanz

IAS 1 schreibt anders als §§ 266 und 275 HGB kein bestimmtes Format für die Bilanz und die GuV vor. Festgelegt werden lediglich Mindestangaben und Gliederungsmöglichkeiten. Aus der Sicht des Anwenders ist diese Flexibilität nicht nur von Vorteil. Sie hat etwas Unübersichtliches und Undurchsichtiges, weil die allgemeinen Gliederungsregeln sowie die speziellen Vorschriften in den einzelnen IFRS zu beachten bleiben. Für die praktische Anwendung ist aber die Frage, wo etwas auszuweisen und wie es zu bezeichnen ist, nicht weniger wichtig und komplex als die Frage nach Bilanzansatz und Bewertung. Ein Gliederungsschema gibt Sicherheit. Es hilft, einen Umstellungsprozess zu strukturieren und die Probleme zu portionieren. So mag das Gliederungsthema zwar wissenschaftlich unergiebig sein, für die Praxis bleibt es aber von Interesse.

Hauptgliederungsprinzip der Bilanz ist die Unterscheidung nach kurzfristigen und langfristigen Vermögenswerten bzw. Schulden. Eine Gliederung nach Liquiditätsnähe ist auf Ausnahmefälle (insbesondere Banken) beschränkt (IAS 1.60).

Die Unterscheidung in kurzfristige und langfristige Vermögenswerte und Schulden verlangt zunächst nach einer Definition der Kurzfristigkeit. Für Vermögenswerte liefert IAS 1.66 diese Definition wie folgt:

Ein Vermögenswert ist kurzfristig (current), wenn

  • er zum Verkauf oder Verbrauch innerhalb des normalen Verlaufs des operation cycle (Geschäftszyklus) oder zu Handels-/Spekulationszwecken gehalten wird oder
  • es sich um Zahlungsmittel oder...

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