Leitsatz

1. Die nach § 3 Nr. 62 S. 1 EStG für die Steuerfreiheit vorausgesetzte gesetzliche Verpflichtung zu einer Zukunftssicherungsleistung des Arbeitgebers ergibt sich für einen Arbeitgeberzuschuss zu einer privaten Krankenversicherung aus § 257 Abs. 2a S. 1 SGB V.

2. Die Vorlage der Bescheinigung nach § 257 Abs. 2a S. 3 SGB V ist nicht konstitutive Voraussetzung der Steuerbefreiung.

3. § 257 Abs. 2a SGB V findet auch auf Steuerpflichtige Anwendung, die eine Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen abgeschlossen haben, das in einem anderen Land der EU seinen Sitz hat.

4. § 257 Abs. 2a SGB V beschränkt nicht die Dienstleistungsfreiheit i.S.d. Art. 49 EGV.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 62, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, § 257 Abs. 2, 2a SGB V, Art. 49, 50 EGV, EWGRL 92/49 3. RL Schadenversicherung

 

Sachverhalt

Der Kläger wohnte im Streitjahr 1997 in den Niederlanden, erzielte in Deutschland Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und wurde nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt. Er war von der Krankenversicherungspflicht befreit, hatte aber eine private Krankenversicherung bei einem niederländischen Versicherungsunternehmen abgeschlossen. Mit seiner ESt-Erklärung 1997 machte der Kläger geltend, dass vom Arbeitslohn ein bestimmter Betrag steuerfrei zu belassen sei. Diesen Betrag habe sein Arbeitgeber als Zuschuss zu seiner privaten Krankenversicherung gezahlt. Eine Bescheinigung nach § 257 Abs. 2a S. 3 SGB V habe sein Versicherungsunternehmen nicht erteilen können, weil die Grundlagen der Krankenversicherungen in den Niederlanden von denen in der Deutschland abwichen.

Das FA lehnte die Kürzung des Bruttolohns um den Arbeitgeberzuschuss unter Hinweis auf die nicht vorgelegte Bescheinigung ab. Das FG wies die Klage ab (FG Köln, Urteil vom 07.12.2004, 1 K 1393/99, Haufe-Index 1480231, EFG 2006, 561).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Der Kläger habe zwar keine Bescheinigung i.S.d. § 257 Abs. 2a S. 3 SGB V vorgelegt bzw. vorlegen können. Eine solche Bescheinigung sei indessen keine konstitutive Voraussetzung der Steuerbefreiung. Es hätte auch jeder andere Nachweis der geforderten gesetzlichen Voraussetzungen genügt. Einen solchen Nachweis habe der Kläger nicht geführt. Eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Zuschusses habe demnach nicht bestanden.

Entgegen der Ansicht des Klägers bestünden gegen die Vorschrift des § 257 Abs. 2a SGB V keine europarechtlichen Bedenken. Insbesondere liege keine Diskriminierung von Versicherungsunternehmen oder Versicherten vor.

 

Hinweis

1. Nach § 3 Nr. 62 S. 1 EStG sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist. Leistungen, die aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht erbracht werden, sind dagegen nicht steuerbefreit. Eine gesetzliche Verpflichtung für einen Beitragszuschuss zu einer privaten Krankenversicherung bestimmt sich nach § 257 Abs. 2a S. 1 SGB V.

2. Nach § 257 Abs. 2a S. 1 SGB V wird der Zuschuss für eine private Krankenversicherung allerdings nur gezahlt, wenn das Versicherungsunternehmen die unter § 257 Abs. 2a S. 1 Nrn. 1 bis 4 SGB V genannten Voraussetzungen erfüllt. Hierzu gehört zusätzlich (Nr. 5), dass das Versicherungsunternehmen die Krankenversicherung nicht zusammen mit anderen Versicherungssparten betreibt (sog. Spartentrennung).

Nach § 257 Abs. 2a S. 3 SGB V hat der Versicherungsnehmer dem Arbeitgeber eine entsprechende Bescheinigung des Versicherungsunternehmens vorzulegen. Die Bescheinigung belegt, dass das Versicherungsunternehmen die Versicherung nach den in § 257 Abs. 2a S. 1 Nrn. 1 bis 5 SGB V genannten Voraussetzungen betreibt, sodass sich der Arbeitgeber darauf bei der Auszahlung des Zuschusses als steuerfrei stützen kann.

3. Mit der Besprechungsentscheidung stellt der BFH klar, dass – entgegen Abschn. 24 Abs. 2 Nr. 3 S. 6 und 7 LStR 1997 ff. – die Vorlage der Bescheinigung nach S. 3 keine konstitutive Voraussetzung für die Steuerbefreiung darstellt. Der Nachweis, dass das Versicherungsunternehmen die Voraussetzungen des § 257 Abs. 2a S. 1 SGB V erfüllt, kann auch anhand anderer aussagekräftiger Unterlagen geführt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.07.2008, VI R 56/05

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