Rz. 17

Die Regelung hat einen völlig neuen Ansatz verglichen mit der des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002. Sie ordnet nicht die Schuldzinsen einer privaten oder betrieblichen Veranlassung zu, sondern pauschaliert die nicht abziehbaren Schuldzinsen, wenn der Steuerpflichtige Überentnahmen tätigt, d. h., wenn die Entnahmen die Summe aus Gewinn und Einlagen übersteigen (sog. Eigenkapitalmodell).[1] Ist das der Fall, wird fingiert, dass die Fremdfinanzierung der Überentnahmen grundsätzlich nicht betrieblich veranlasst ist. Dies gilt aber nur für die Zinsen, die betrieblich veranlasst sind, private Schuldzinsen sind von vornherein nicht abziehbar (Rz 21).

Auch diese Regelung folgt somit dem Grundsatz, dass der Steuerpflichtige mit Fremdmitteln keine Entnahmen finanzieren darf (Rz. 13), stellt aber für die Höhe der entnahmefähigen Mittel nicht mehr auf die im Betrieb vorhandene Liquidität, sondern auf das vorhandene Eigenkapital ab, ohne Berücksichtigung stiller Reserven. Wird der Betrag des Eigenkapitals durch Entnahmen überschritten, liegt eine Finanzierung der Entnahmen durch Fremdmittel vor, die Schuldzinsen sind teilweise nicht abziehbar.

 

Rz. 18

Die Regelung ist noch im Jahr 1999 in Kraft getreten und gilt gemäß § 52 Abs. 11 a. F. EStG erstmals für das Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.1998 endet.

Es handelt sich somit um eine unechte Rückwirkung, gegen die nach der Rechtsprechung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.[2]

Die Vorschrift ist aber verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass Überentnahmen im Kalenderjahr 1998 bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen ab 1998/1999 nicht zu berücksichtigen sind.[3]

Dies wird für Über- und Unterentnahmen nach § 52 Abs. 6 Satz 6 EStG zumindest ab VZ 2001 ausdrücklich angeordnet.

Die Vorschrift verstößt auch nicht gegen das Nettoprinzip, da sie an Überentnahmen und damit privater Veranlassung anknüpft. Sie ist auch hinreichend bestimmt.[4]

Das Gesetz ist auch insoweit formell ordnungsgemäß zustande gekommen, als die Formulierung des § 4 Abs. 4a EStG im ursprünglichen Gesetzesentwurf nicht vorgesehen war, sondern vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagen worden ist. Durch das StÄndG 2001 hat der Gesetzgeber § 4 Abs. 4a EStG in Einzelfragen geändert und dadurch die Gesamtvorschrift in seinen Willen aufgenommen. Das Demokratieprinzip in Gestalt des Parlamentsvorbehalts wurde daher nicht verletzt.[5] Da der Gesetzgeber grundsätzlich zur Typisierung befugt ist, bestehen auch keine Bedenken, dass ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Entnahmezeitpunkt 6 % der Überentnahme nicht als Betriebsausgabe abziehbar sind. Das gilt auch für die Nichteinbeziehung der Überschusseinkünfte.[6] Ebenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich ist die Privilegierung des betrieblichen Anlagevermögens in § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG gegenüber dem Umlaufvermögen. Die Vorschrift ist daher nach ständiger Rechtsprechung verfassungsgemäß.[7]

 

Rz. 19

vorläufig frei

[1] BFH, Urteil v. 21.9.2005, X R 46/04, BFH/NV 2006 S. 184; BFH, Urteil v. 14.3.2018, X R 16/16, BFH/NV 2018 S. 939; Wied, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 EStG Rz. 596; Stand: 11/2017.
[2] BVerfG, Urteil v. 3.12.1997, 2 BvR 882/97, BVerfGE 1997 S. 67; BFH, Urteil v. 21.9.2005, X R 47/03, BFH/NV 2006 S. 180: kein schutzwürdiges Vertrauen; ebenso BFH, Urteil v. 21.9.2005, X R 40/02, BFH/NV 2006 S. 512; BFH, Urteil v. 7.3.2006, X R 44/04, BStBl 2006 II S. 588; Wied, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 EStG Rz. 610, Stand: 10/2015; Hegemann/Querbach, DStR 2000, S. 408.
[4] BFH, Urteil v. 7.3.2006, X R 44/04, BFH/NV 2006 S. 1393; Wied, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 EStG Rz. 610, Stand: 11/2017.
[5] BFH, Urteil v. 21.9.2005, X R 47/03, BStBl 2006 II S. 504; BFH, Urteil v. 17.8.2010, VIII R 42/07, BFH/NV 2010 S. 2186; Jakob, DStR 2000, S. 103; Prinz, FR 2000, S. 134; Wendt, FR 2000, S. 417.
[6] BFH, Urteil v. 7.3.2006, X R 44/04, BStBl 2006 II S. 588; BFH, Urteil v. 30.8.2012, IV R 48/09, BFH/NV 2013 S. 187; Wied, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 4 EStG Rz. 611, Stand: 11/2017.

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