Leitsatz

1. Die Beschaffung der Betreuung auf der Reise stellt eine gegenüber der bloßen Beschaffung des Touristenvisums eigene, selbstständige sonstige Leistung dar.

2. Die von einem Unternehmer im eigenen Namen besorgte Betreuungsleistung ist nach § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG 1993 steuerfrei, wenn die von ihm in Anspruch genommene Reisevorleistung durch ein Betreuungsunternehmen im Drittlandsgebiet bewirkt wird. § 25 UStG 1993 greift ein, wenn die Leistung gegenüber Endverbrauchern erbracht wird.

3. Die von einem Unternehmer im eigenen Namen für andere Unternehmen auf deren Rechnung besorgte Betreuungsleistung ist nicht steuerbar nach §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 3a Abs. 1, 3 Abs. 11 UStG 1993, wenn die Betreuungsleistung durch ein Betreuungsunternehmen im Drittlandsgebiet erbracht wird.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 3a Abs. 1, § 3 Abs. 11, § 25 Abs. 1, § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin stand mit einem der eingangs erwähnten "Referenzunternehmen" (U) in vertraglichen Beziehungen und besorgte den "Voucher", gegen dessen Vorlage der Reisende ggf. bei Problemen Betreuungsleistungen der Referenzunternehmen in Anspruch nehmen konnte.

Das FA meinte, es handle sich um eine einheitliche, im Inland zu besteuernde Leistung; die Klage hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte im Ergebnis keinen Erfolg. Zu unterscheiden seien Leistungen an Endkunden und Unternehmer: Für die Leistungen an Endkunden sei § 25 UStG anwendbar. Dies sei eine Sondervorschrift, die ggf. auch eine Besorgungsleistung i.S.d. § 3 Abs. 11 UStG erfasse.

Die Kunden (Auftraggeber – Reisende oder Reisebüros) beauftragen die Klägerin (Auftragnehmer) mit der Beschaffung der für die Reise notwendigen Betreuungsleistungen durch das Referenzunternehmern U (Dritter, Leistungsort: Drittland). Die Klägerin besorgt diese Leistungen aufgrund ihrer vertraglichen (Rahmen-)Beziehungen daraufhin bei U im eigenen Namen, aber nicht für eigene Rechnung, sondern für Rechnung der Auftraggeber. § 3 Abs. 11 UStG ist erfüllt. Leistungsort ist derjenige der besorgten Betreuungsleistung (Drittland).

 

Hinweis

Die Besprechungsentscheidung betrifft einen sog. Konsularservice, der für Reisen in die "Gemeinschaft Unabhängiger Staaten" (GUS-Staaten) die Visa und die – für die Erteilung eines Touristenvisums erforderliche – Vor-Ort-Betreuung durch ein ortsansässiges "Referenzunternehmen" beschaffte. Streitig war, ob das eine einheitliche Leistung und eine Reiseleistung sei. Die GUS-Staaten verlangten für die Erteilung eines Touristenvisums die Vorlage einer Reisebestätigung (Voucher) – sog. Visabestätigung –, die von einigen großen Reisebüros und Hotels – so genannten Referenzunternehmen – der Reiseländer ausgestellt wurden.

1. Grundsätzlich ist jede Dienstleistung als eigene, selbstständige Leistung zu betrachten; eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung darf aber nicht künstlich aufgespaltet werden. Nach dem Wesen des fraglichen Umsatzes ist zu ermitteln und festzustellen, ob eine einheitliche Leistung oder mehrere Leistungen vorliegen; eine Leistung ist dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat.

Die Besorgung von Betreuungsleistungen für den Reisenden hat gegenüber der schlichten Beschaffung der Reisepapiere eine eigenständige Bedeutung, und zwar auch dann, wenn diese Leistungen konkret nicht in Anspruch genommen werden (müssen), weil schon mit der Bereithaltung als Ansprechpartner eine Leistung erbracht wird, die einem "Schutzbrief" vergleichbar ist.

2.§ 25 UStG setzt die Regelung des Art. 26 der 6. EG-RL um. Der EuGH wendet diese Regelung als Sonderregelung an, die anderen Regelungen vorgeht (vgl. EuGH, Urteil vom 13.10.2005, Rs. C-200/04, BFH-PR 2006, 25).

a) Eine Reiseleistung liegt auch dann vor, wenn der Unternehmer nur eine Leistung erbringt. Werden die Reise vorleistungen im Drittlandsgebiet bewirkt, sind die sonstigen Leistungen für die Beschaffung der Reisevorleistungen nach § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG steuerfrei.

b) Bei Reiseleistungen gegenüber anderen Unternehmern greift § 25 UStG nicht ein (§ 25 Abs. 1 Satz 1 UStG).

Beachten Sie: Zu prüfen ist jedoch, ob es sich insoweit um eine Besorgungsleistung i.S.d. § 3 Abs. 11 UStG in Form des Leistungseinkaufs handelt. Nach dieser Vorschrift sind die für die besorgten Leistungen geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistungen entsprechend anzuwenden, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung besorgt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 2.3.2006, V R 25/03

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