Entscheidungsstichwort (Thema)

Sprachstudienaufenthalte, Anwendbarkeit der Margenregelung für Reiseleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

Artikel 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass er auf einen Wirtschaftsteilnehmer Anwendung findet, der Dienstleistungen wie die „High-School-Programme“ und „College-Programme“, die in der Durchführung von Sprach- und Studienreisen ins Ausland bestehen, anbietet und der seinen Kunden gegen Zahlung eines Pauschalpreises im eigenen Namen einen drei- bis zehnmonatigen Auslandsaufenthalt bietet und dabei Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nimmt.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 26

 

Beteiligte

iSt

iSt internationale Sprach- und Studienreisen GmbH

Finanzamt Heidelberg

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 18.03.2004; Aktenzeichen V R 104/01; BFH/NV 2004, 897)

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Sonderregelung für Reisebüros und Reiseveranstalter ‐ Artikel 26 Absatz 1 ‐ Anwendungsbereich ‐ Pauschalpreis, der den Transfer in das Bestimmungsland und/oder den Aufenthalt in diesem Land sowie Sprachunterricht umfasst ‐ Hauptleistung und Nebenleistungen ‐ Begriff ‐ Richtlinie 90/314/EWG über Pauschalreisen“

In der Rechtssache C-200/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 18. März 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Mai 2004, in dem Verfahren

Finanzamt Heidelberg

gegen

iSt internationale Sprach- und Studienreisen GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie des Richters R. Schintgen, der Richterin R. Silva de Lapuerta und der Richter P. Kũris und G. Arestis (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der iSt internationale Sprach- und Studienreisen GmbH, vertreten durch die Wirtschaftsprüfer und Steuerberater H.-J. Philipp und R. Binder im Beistand von Rechtsanwalt G. Wegscheider,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch A. Tiemann und C. Schulze-Bahr als Bevollmächtigte,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch S. Spyropoulos, D. Kalogiros und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,

‐ der zyprischen Regierung, vertreten durch E. Simeonidou als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und K. Gross als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Juni 2005

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Finanzamt Heidelberg (im Folgenden: Finanzamt) und der iSt internationale Sprach- und Studienreisen GmbH (im Folgenden: iSt) wegen der Zahlung von Mehrwertsteuer nach der Prüfung des Umsatzes dieser Gesellschaft in den Jahren 1995 bis 1997 durch die zuständigen Stellen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3

In Abschnitt X, „Steuerbefreiungen“, der Sechsten Richtlinie heißt es in dem mit „Steuerbefreiungen im Inland“ überschriebenen Artikel 13:

„A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten

(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

i) die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung;

…“

4

Abschnitt XIV, „Sonderregelungen“, der Sechsten Richtlinie enthält den mit „Sonderregelung für Reisebüros“ überschriebenen Artikel 26, dessen Absätze 1 und 3 lauten:

„(1) Die Mitgliedstaaten wenden die Mehrwertsteuer auf die Umsätze der Reisebüros nach den Vorschriften dieses Artikels an, soweit die Reisebüros gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reise Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Die Vorschriften dieses Artikels gelten nic...

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