Rz. 187

Durch das BilKoG vom 15.12.2004 wurde ein 2-stufiges Verfahren zur Durchsetzung der einschlägigen Rechnungslegungsnormen (= Enforcement) eingeführt.[1] Sinn und Zweck dieser Regelung war es, das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer in die Rechnungslegung der Wertpapieremittenten zu steigern. Eine privatrechtlich organisierte, vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) anerkannte Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR e. V.) bildete in diesem Verfahren die 1. Prüfstufe, während auf der 2. Stufe als staatliche Einrichtung die BaFin eingriff und ggf. die Prüfung und Veröffentlichung von Bilanzfehlern mit hoheitlichen Mitteln durchsetzen konnte. Mit Einführung dieses 2-stufigen Systems wurde der Wirtschaft die Möglichkeit eröffnet, sich beim Enforcement zu engagieren. Hierdurch erhielten die betroffene Unternehmen die Chance, Unstimmigkeiten über Bilanzierungsfragen auf privatrechtlicher Ebene mit einem Gremium qualifizierter Fachleute zu lösen.

 

Rz. 188

Im Rahmen der Novellierungen durch das FISG wurde auch das nationale Enforcementsystem (Bilanzkontrollverfahren) geändert. Zukünftig ist ausschließlich die BaFin für die Bilanzkontrolle zuständig, indem sie beim Verdacht auf Bilanzverstöße unmittelbar gegenüber den betreffenden kapitalmarktorientierten Unternehmen als Institution zur Durchsetzung hoheitlicher Ziele auftreten kann. Die DPR e. V. existiert damit nicht mehr, womit das Enforcementsystem nunmehr aus einer Stufe besteht.[2]

 

Rz. 189

Die BaFin prüft, ob der zuletzt festgestellte Jahresabschluss und der zugehörige Lagebericht, der zuletzt gebilligte Konzernabschluss und der zugehörige Konzernlagebericht, der zuletzt offengelegte Einzel- (Konzern-)abschluss und der zugehörig (Konzern-) Lagebericht, der zuletzt veröffentlichte verkürzte Abschluss und der zugehörige Lagebericht sowie der zuletzt veröffentlichte Zahlungsbericht oder Konzernzahlungsbericht eines kapitalmarktorientierten Unternehmens den anzuwendenden Rechnungslegungsnormen, d. h. den Gesetzen, den GoB sowie den deutschen oder internationalen Rechnungslegungsstandards, entspricht.

 

Rz. 190

Ggf. in einer Enforcementprüfung festgestellte Verstöße gegen Rechnungslegungsstandards sind von der BaFin unter Nennung des betroffenen Unternehmens bekanntzumachen (z. B. im elektronischen Bundesanzeiger oder in einem überregionalen Börsenblatt), wenn ein öffentliches Interesse an der Publikation der konstatierten Fehler besteht. Darüber hinaus teilt die BaFin Tatsachen, die den Verdacht auf Straftaten im Bereich der Rechnungslegung begründen, den zuständigen Behören (z. B. Staatsanwaltschaft und Börsenaufsicht) mit. Beim Vorliegen einer Berufspflichtverletzung des Abschlussprüfers erfolgt eine Meldung an die Abschlussprüferaufsichtsstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Aufsichtskontrolle.[3]

 

Rz. 191

Durch die Gründung der BaFin wurden die vorherigen Bundesbehörden BAKred, BAV und BAWe organisatorisch zusammengelegt.[4] Die BaFin ist eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn und Frankfurt a. M. und unterliegt der Rechts- und Fachaufsicht des BMF.[5]

 

Rz. 192

Die Aufrechterhaltung von Stabilität, Funktionsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzsystems ist Ziel der BaFin. Sie sichert die Zahlungsfähigkeit von Instituten (Kreditinstitute, Bausparkassen, Finanzdienstleistungsinstitute) und Versicherungsunternehmen. Ferner sorgt sie für Marktintegrität und -transparenz durch Verhaltensstandards (Marktaufsicht) und stellt als Verkörperung der Aufsicht neben der Kontrolle und Prüfung eine wichtige Komponente des unternehmerischen Überwachungssystems dar.

 

Rz. 193

Die Banken-, die Versicherungs- und die Wertpapieraufsicht/das Asset Management bilden die Organisationseinheiten der BaFin. Die Aufsicht gliedert sich in die Phasen "Erlaubniserteilung" und "Laufende Aufsicht" unter Mitwirkung der Deutschen Bundesbank.[6] Das Entgegenwirken von Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen ist die Primärfunktion der Bankenaufsicht.[7] Vorrangiges Ziel der Versicherungsaufsicht stellt der Verbraucherschutz i. S. v. § 294 Abs. 1 VAG dar. Die Wertpapieraufsicht versucht mit ihren Maßnahmen, die Markttransparenz, die Marktintegrität sowie den Anlegerschutz zu gewährleisten.

[2] Vgl. §§ 106113a WpHG,

vgl. Philipps, StuB 2020, S. 880 ff. m. w. N.

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