Aufsichts- und kartellrechtliche Prüfungen zwischen Signing und Closing erzeugen in vielen Transaktionen eine instabile Latenzzeit. Solange die Prüfung andauert, dürfen keine unternehmensrelevanten Informationen ausgetauscht werden, die im Fall einer Absage des Deals in ihrer Marktwirksamkeit nicht mehr umkehrbar wären – also bspw. die Weitergabe von Einkaufspreisen, technischen Konstruktionszeichnungen oder spezifischen Kundendaten. Der "status quo ante" muss bis zum Closing gewährleistet bleiben.

Das hat signifikante Auswirkungen auf die Integrationsdynamik: Mit dem Signing wird i. d. R. eine Pressemitteilung herausgegeben, in der die Transaktionsabsicht öffentlich wird. Damit sind alle anderen Marktteilnehmer informiert, vor allem aber das eigene Haus und die Mitarbeitenden im Käuferunternehmen. In vielen Fällen ist dies zugleich die erste öffentliche Information überhaupt, dass eine Kauf- bzw. Verkaufsabsicht besteht. Gleichzeitig kann aber bis zum Closing nicht gemeinsam vorbereitet und gehandelt werden – der ideale Nährboden für interne Gerüchte, die beste Angriffszeit für Headhunter und oft auch ein Wechselgrund für Lieferanten und Kunden.

Aus Integrationssicht sollte diese Latenzzeit umso aktiver genutzt und gestaltet werden: Unabhängig vom Verbot, unternehmens- und marktrelevante Daten auszutauschen, ist zumindest auszuloten, inwiefern informell oder in kleinem Rahmen Treffen möglich sind, in denen es um ein erstes Kennenlernen geht und ein Austausch von Themen und Erfahrungen, die einen prägen und die einem wichtig sind, erfolgt.

 
Praxis-Beispiel

Treffen von Integrationsbeauftragten, Kommunikation, HR

Denkbar ist bspw. ein Treffen von beiderseits designierten Integrationsbeauftragten oder Kommunikations- und HR-Vertretern, die grundsätzliche Präferenzen in der späteren Integration miteinander austauschen. Ziel ist nicht, konkrete Vereinbarungen zu treffen, sondern sich als vertrauenswürdige und wohlgesonnene mögliche künftige Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen. Diese Erfahrungen können dann wiederum den Kolleginnen und Kollegen aus dem eigenen Hause erzählt werden, so dass sich ein positiver "spin" ergibt, der auch Gerüchten vorbeugt. Insbesondere, wenn das Zielunternehmen bislang ein Wettbewerber war, ist es wichtig, so früh wie möglich den "Bildern im Kopf" über den jeweiligen Konkurrenten Alternativen anzubieten.

Die Aktivierung der internen Kommunikation ist ein weiteres Gebot in der Latenzzeit zwischen Signing und Closing. Mitarbeitende aus Käufer- und Zielunternehmen wollen und brauchen Orientierung:

  • Ist mein Job gefährdet, bleibt mein Standort erhalten?
  • Mit welchen konkreten Auswirkungen ist zu rechnen?
  • Wie werde ich ggf. unterstützt?
  • Wie verhalte ich mich richtig, was ist für mich konkret zu tun vor und vor allem nach dem Day 1?

Wenn das Target größer ist als das Käuferunternehmen und damit bspw. eine "reverse integration" geplant ist, gilt diese Notwendigkeit, die Belegschaft frühzeitig und umfassend auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten, vor allem auch im Käuferunternehmen

Oft kann auf die Kommunikation im Zielunternehmen noch kein Einfluss genommen werden. Insbesondere wenn es sich um einen Asset Deal handelt, bei dem Unternehmensbestandteile aus einem abgebenden Unternehmen herausgelöst werden und es bspw. zu formalen Betriebsübergängen bei den Mitarbeitenden kommt, ist eine abgestimmte und idealerweise widerspruchsfreie Kommunikation in beiden Häusern wichtig: Gerüchten und Ängsten kann dann mit aussagekräftigen und belastbaren Informationen und im vertrauensvollen Dialog mit den jeweils eigenen Führungskräften begegnet werden.

Mit Blick auf die Gestaltung des Day 1 und die erste 30-Tage-Planung kommen die Wochen bis zum Closing oft auch wie gerufen: Es verbleibt noch etwas mehr Zeit zur Vorbereitung.

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