Kommentar

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, wie der Begriff der "Leistungen auf dem Gebiet der Werbung" im Sinne von Artikel 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie auszulegen ist. Der Streit entzündete sich an einer französischen Verwaltungsregelung, wonach Werbeleistungen nur unmittelbar an einen werbetreibenden Unternehmer erbracht werden können. Es ging um die Herstellung eines Werbefilms durch einen Filmproduzenten an eine Werbeagentur, die ihrerseits diesen Film dem werbetreibenden Unternehmer im Rahmen einer eigenen Dienstleistung zur Verfügung stellte und berechnete.

Der EuGH hat entschieden, dass die Herstellung des Werbefilms im Auftrag der Werbeagentur ebenfalls eine Werbedienstleistung im Sinne von Artikel 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie ist. Eine Werbedienstleistung setzt damit nicht voraus, dass sie unmittelbar an den werbetreibenden Unternehmer erbracht wird.

Nach der Entscheidung ist nicht die Eigenschaft des Leistungsempfängers entscheidend, sondern die Art der Leistung. Der EuGH geht auf die von der französischen Regierung vorgebrachten Bedenken ein, bei dieser weiten Auslegung des Begriffs der Werbedienstleistung seien unter Umständen eine Vielzahl von Umsätzen betroffen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass der EuGH die Art der möglichen Leistungen eng dahingehend begrenzt, dass sie unmittelbar auf eine Werbungsabsicht gerichtet sein müssen. Von daher wäre z.B. die Vermietung von Räumlichkeiten zur Herstellung eines Werbefilms oder die Vermietung entsprechenden technischem Geräts selbst keine Werbedienstleistung.

Im Prinzip stellen sich hier die gleichen Abgrenzungsfragen, die sich aus dem EuGH-Urteil vom 26.9.1996 [1] für Tätigkeiten im Zusammenhang mit Unterhaltungsumsätzen gemäß Artikel 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der 6. EG-Richtlinie ergeben. Dieses Urteil führte zu der ab 1.1.2000 geltenden Neufassung von § 3 a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999. Die mit den in der Vorschrift genannten Umsätzen zusammenhängenden Tätigkeiten müssen für die Ausübung der Leistungen unerlässlich.

Der Leitsatz der jetzigen Entscheidung könnte zu der Annahme führen, bei einem Reihengeschäft mit Werbedienstleistungen käme es für die Verlagerung des Leistungsortes an den Sitz- oder Wohnort des Leistungsempfängers im Sinne von Artikel 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie nur auf den Sitz- oder Wohnsitz des werbetreibenden Unternehmers, nicht aber auf die Sitzverhältnisse des unmittelbaren Leistungsempfängers (im Streitfall die Werbeagentur) an. Eine solche Annahme lassen die Entscheidungsgründe (insbes. Rz. 20) m.E. jedoch nicht zu. Im Übrigen wäre dies nicht zu praktizieren, da in einem solchen Fall der erste leistende Unter-nehmer (im Streitfall die Filmfirma) den werbetreibenden Unternehmer kennen müsste.

Die Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum deutschen Umsatzsteuerrecht. Nach Abschnitt Abs. 4 UStR gehören zu den Leistungen auf dem Gebiet der Werbung insbesondere die Werbegestaltung und die Werbemittelherstellung. Zur Werbegestaltung gehören die graphische Arbeit, die Abfassung von Werbetexten und die vorbereitenden Arbeiten für die Film-, Funk- und Fernsehproduktion. Zur Werbemittelherstellung gehört die Herstellung oder Beschaffung von Unterlagen, die für die Werbung notwendig sind, z.B. Reinzeichnungen und Tiefdruckvorlagen für Anzeigen, Prospekte, Plakate usw. Druckstücke, Bild- und Tonträger einschließlich der Überwachung der Herstellungsvorgänge.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 15.03.2001, C-108/00

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