Rz. 57

Steht die Bilanzierung dem Grunde nach fest, so stellt sich die Frage nach der Bilanzierung der Höhe nach. Nutzungsrechte, die lediglich Vergütungen für die laufende Nutzungsüberlassung vorsehen, können, wie oben bereits herausgearbeitet, nach derzeitiger Auffassung mangels Anschaffungskosten nicht aktiviert werden. Diese Einschätzung basiert auf der Anwendung der Bestimmungen über die (Nicht-)Bilanzierung von Verpflichtungen und Ansprüchen aus schwebenden Geschäften bei Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung. Einmal- bzw. Vorauszahlungen sind als Rechnungsabgrenzungen in entsprechender Höhe in die Bilanz aufzunehmen.[1]

 

Rz. 58

Unterschiedlich ist die Einschätzung hinsichtlich der Zahlungen, die neben den laufenden Vergütungen für die Nutzungsüberlassung anfallen. Kosten, die "außerhalb dieses Austauschverhältnisses" getragen werden, gelten in der Literatur vielfach als Anschaffungskosten des Nutzungsrechts;[2] Gleiches gilt für Ablösesummen für den Eintritt in ein bestehendes Nutzungsrecht.[3] Diese Vorgehensweise ist nicht schlüssig, da sie zum einen zwar die Wirtschaftsguteigenschaft des Nutzungsrechts bejaht, jedoch laufende und einmalige Entgelte als Anschaffungskosten verneint und dennoch die Bilanzierung von Anschaffungsnebenkosten erlaubt.[4]

 

Rz. 59

Auch unter Anerkennung des Vorauszahlungscharakters von Einmalzahlungen und damit der Notwendigkeit einer Rechnungsabgrenzung unterscheidet Stapperfend[5] hinsichtlich der Bilanzierung zwischen Einmalzahlungen bei befristeten und bei unbefristeten Nutzungsrechten. Einmalzahlungen bei befristeten Nutzungsrechten seien lediglich als Vorauszahlungen der zu leistenden Nutzungsentgelte zu werten und dementsprechend durch die Aktivierung eines Rechnungsabgrenzungspostens pro rata temporis auf die Laufzeit des Nutzungsvertrags zu verteilen. Bei unbefristeten Nutzungsrechten verbiete sich jedoch eine solche Vorgehensweise, da hier der Nutzungsüberlassende durch die Übertragung des Nutzungsrechts und der Nutzungsberechtigte durch die Einmalzahlung des Nutzungsentgelts ihre Leistung erbracht hätten. Neben der seiner Ansicht nach widersprüchlichen Vorgehensweise, einen entgeltlichen Erwerb i. S. d. § 5 Abs. 2 EStG zuzulassen, das Vorliegen von Anschaffungskosten jedoch zu verneinen, erfüllten Einmalzahlungen zudem die Definition von Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 HGB, wonach Anschaffungskosten Aufwendungen sind, "die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen".[6]

 

Rz. 60

Nach Ansicht der Finanzrechtsprechung[7] sind die bei einer entgeltlichen Begründung des Nutzungsrechts entstehenden Nutzungsentgelte nicht als Anschaffungskosten zu werten; vorausgezahlte oder einmalige Nutzungsentgelte rechtfertigen lediglich die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens. Anders ist jedoch die Einschätzung der Finanzverwaltung bzw. -rechtsprechung bei Erbbaurechten; hier werden ein Aufpreis[8] und Erschließungs-[9] und andere Nebenkosten[10] als Anschaffungskosten gewertet.[11]

 

Rz. 61

Zur Bestimmung des Bilanzansatzes eines Nutzungsrechts ist nach Ansicht sowohl der Steuerrechtsprechung als auch der Finanzverwaltung zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Übertragung zu differenzieren. Die Finanzverwaltung[12] erkennt im Entgelt für die Einräumung eines Nutzungsrechts Anschaffungskosten für den immateriellen Vermögensgegenstand, auf die eine lineare Abschreibung i. S. d. § 7 Abs. 1 EStG über die Laufzeit des Nutzungsrechts vorgenommen werden kann.[13] Damit kann beispielsweise auch das Nutzungsrecht an einem unbebauten Grundstück abgeschrieben werden, da die Abschreibung sich hierbei auf das immaterielle Wirtschaftsgut "Nutzungsrecht" und nicht auf das materielle Sachanlagevermögen "unbebautes Grundstück" bezieht. Im Fall eines bebauten Grundstücks verbleibt die Gebäudeabschreibung beim Nutzungsüberlasser und Eigentümer des Gebäudes, während der Nutzungsberechtigte, wie im vorherigen Fall, Abschreibungen auf das Nutzungsrecht vornehmen kann.

 

Rz. 62

Die Bewertung unentgeltlich zugewendeter Nutzungsrechte wurde von der BFH-Rechtsprechung im Laufe der Zeit unterschiedlich beurteilt. Im Urteil vom 22.1.1980 wird ein Vorrang der Bewertungsvorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG gegenüber dem Verbot der Bilanzierung unentgeltlich erworbener immaterieller Wirtschaftsgüter gem. § 5 Abs. 2 EStG proklamiert.[14] Der VIII. Senat stellt in seinem Urteil[15] auf eine Bewertung zum Teilwert ab, die Finanzverwaltung ihrerseits reagierte mit einem Nichtanwendungserlass,[16] wurde doch hiermit die Möglichkeit der Schaffung zusätzlichen Aufwandspotenzials, beispielsweise bei der Aktivierung eines Nutzungsrechts an einem unbebauten (also nicht abschreibungsfähigen) Grundstück, eröffnet.

 

Rz. 63

Der IV. Senat entschied[17] für den Fall eines zugewendeten Nutzungsrechts, dass eine Bewertung mit der Summe der Abschreibungen, die der Eigentümer des Gegenstands hätte geltend machen können, vorzunehmen sei; dami...

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