Entscheidungsstichwort (Thema)

Neue Tatsache bei nicht vollständiger Steuererklärung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff des groben Verschuldens i. S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.
  2. Gibt ein Stpfl. eine Steuererklärung ab, in der er keinerlei Spenden geltend macht, kann eine bestandskräftige Veranlagung nicht wegen neuer Tatsachen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO mit der Begründung geändert werden, die fehlende Eintragung zweier Geldspenden sei übersehen worden.
 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2001

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.09.2005; Aktenzeichen XI B 50/05)

BFH (Beschluss vom 26.09.2005; Aktenzeichen XI B 50/05)

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid 2001 noch geändert werden kann.

Der Kläger reichte am 18.07.2003 beim Finanzamt die von seinem Steuerberater erstellte Einkommensteuererklärung 2001 ein. In der Einkommensteuererklärung machte er keinerlei Spenden geltend. Das Finanzamt folgte bei der Veranlagung den Angaben in der Einkommensteuererklärung und veranlagte erklärungsgemäß. Der Einkommensteuerbescheid 2001 wurde bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 31.10.2003 beantragte der Kläger, die Einkommensteuerfestsetzung zu ändern und zwei Geldspenden an den Verein „A” e.V. in Höhe von insgesamt 1.431,62 € zu berücksichtigen.

Die Spendenbescheinigungen (Einkommensteuerakte 2001) wurden am 08.02.2002 ausgestellt. Als Tag der Zuwendung wurden der 23.02. und 03.07.2001 eingetragen.

Der Kläger stützte den Änderungsantrag auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO), später auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides mit der Begründung ab, den Kläger treffe ein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der im Streitjahr geleisteten Spenden.

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage.

Der Kläger ist der Rechtsansicht, dass ein grobes Verschulden nicht vorliege. Das Finanzamt konstruiere ein grobes Verschulden, indem es unterstelle, dass die Zeile 88 des Mantelbogens zur Einkommensteuererklärung 2001 eine ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage beinhaltet. Der Kläger habe die fehlende Eintragung in Zeile 88 des Mantelbogens nicht bemerkt. Nicht zuletzt deshalb, weil die Einkommensteuererklärung 2001 des Klägers aus zwölf Erklärungsseiten, drei Anlagen, eine Ergänzungsliste zur Anlage Kinder sowie einer sehr großen Anzahl von beigehefteten Belegen bestanden habe. Die Spendenbescheinigung des Vereins für 2001 datiere aus Februar 2002. Sie sei versehentlich in dem Ordner für das Jahr 2002 falsch abgeheftet worden. Die Spendenbescheinigungen seien erst bei Erstellung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 aufgefunden worden. Es sei dann sofort Antrag auf Änderung nach §§ 173, 175 AO gestellt worden.

Ein grobes Verschulden scheide daher aus.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Ablehnungsbescheides zur Einkommensteuer 2001 Geldspenden in Höhe von 1.431,62 € als Sonderausgaben aufgrund neuer Tatsachen gem. § 173 AO zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Den Kläger treffe ein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der Spenden für das Jahr 2001. Ein Steuerpflichtiger handele regelmäßig grob schuldhaft, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen ganz bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beantworte. Grobes Verschulden eines Steuerpflichtigen sei ferner in der Regel auch dann zu bejahen, wenn dieser einen Steuerbescheid bestandskräftig werden lasse, obwohl sich ihm innerhalb der Einspruchsfrist hätte aufdrängen müssen, dass dem Finanzamt bisher nicht bekannte Tatsachen noch geltend zu machen seien. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, bei Durchsicht der von seinem Steuerberater gefertigten Einkommensteuererklärung 2001 auf Richtigkeit und Vollständigkeit das Fehlen von Spenden deswegen nicht bemerkt zu haben, weil die Spendenbelege falsch abgelegt worden seien. Die falsche Ablage eines Beleges reiche nicht aus, wenn die Hingabe der Zuwendungen dem Kläger im Gedächtnis gewesen sein müsse. Die Tatsache, dass der Kläger dem Verein auch in den Vorjahren Spenden in ähnlicher Höhe habe zukommen lassen, hätte ihn bei Durchsicht der von seinem Steuerberater angefertigten Steuererklärung auf Richtigkeit und Vollständigkeit auffallen müssen, zumindest aber zu besonderer Sorgfalt anhalten müssen.

Beide Parteien habe ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erteilt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid 2001 kann weder wegen neuer Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) geändert werden, da dem Kläger an dem nachträglichen Bekanntwerden ein grobes Verschulden trifft, noch gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden, ...

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