Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung über das Vorliegen einer sog. „Großspende” erfolgt nicht in gesondertem Feststellungsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird der Spendenabzug erst nach Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzung des Zuwendungsjahres geltend gemacht, so trifft den Steuerpflichtigen auch dann ein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekannt werden der steuermindernden Tatsache, wenn sein fachkundiger Bevollmächtigter irrtümlich davon ausgegangen ist, dass die erst nachträglich erteilte Spendenbescheinigung einen Grundlagenbescheid darstellt.

2. Das durch die Verweisung in § 10b Abs. 1 Satz 4 EStG eröffnete Feststellungsverfahren betrifft ausschließlich den verbleibenden Großspendenabzug für nachfolgende Veranlagungszeiträume.

3. Der erstmalige Erlass eines Feststellungsbescheides über den verbleibenden Spendenabzug setzt voraus, dass der zugrundliegende Steuerbescheid noch geändert werden kann.

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 1 Sätze 3-4, § 10d Abs. 1, 3 S. 4; AO § 171 Abs. 10, § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 175 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.03.2003; Aktenzeichen XI R 13/02)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Großspende, die der Kläger im Jahre 1997 getätigt hat, steuerliche Berücksichtigung in den Jahren 1997 ff. finden kann. Der Kläger errichtete am 11. November 1996 die rechtsfähige „A-Stiftung ...” mit Sitz in „B”, die mit Bescheid des Finanzamtes „B” vorläufig als gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts anerkannt wurde. Mit Vertrag vom 03. März 1997 übertrug der Kläger zur Kapitalausstattung der Stiftung das ihm gehörende in „B” gelegene Grundstück,….

Die Stadt „B” erteilte auf ein entsprechendes Schreiben des Klägers vom 27.08.1997 am 14.09.1998 eine Spendenbescheinigung für die Zuwendung des Grundstücks an die Stiftung, in der jene als besonders förderungswürdig verwandt im Sinne der Nr. 4 der Anlage 7 der Einkommensteuerrichtlinien anerkannt wurde. Die Höhe der Spende betrug 2 Mio. DM. Nachdem mit Bescheid vom 30.07.1998 der Beklagte die Einkommensteuer für das Jahr 1997 festgesetzt hatte, reichte der Kläger am 21.09.1998 die Spendenbescheinigung ein und beantragte die Spende als Großspende im Sinne des § 10 b Abs. 1 Satz 3 EStG im Veranlagungszeitraum 1997 im Rahmen der Einkommensteuer zu berücksichtigen und zudem einen Rücktrag in die Jahre 1995 und 1996 vorzunehmen. Die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1995 bis 1997 waren jeweils nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen.

Diesen Änderungsantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15.10.1998 mit der Begründung ab, dass einer Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 dessen Bestandskraft entgegenstehe. Der Bescheid für 1997 gelte gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am 02.08.1998 als bekannt gegeben. Die Rechtsbehelfsfrist habe damit am 02.09.1998 geendet und es sei zu diesem Zeitpunkt Bestandskraft des Bescheids eingetreten. Da die Spendenbescheinigung selbst keinen Grundlagenbescheid darstelle, sei auch eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 nicht mehr möglich. Demnach sei auch § 10 b Abs. 1 Satz 3 EStG nicht erfüllt und es könne auch ein Verlustrücktrag nach § 10 d EStG in die Jahre 1995 und 1996 nicht erfolgen. Im Einspruchsverfahren gegen den Bescheid, mit dem der Beklagte die Änderung der Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1997 abgelehnt hatte, machte der Kläger geltend, eine analoge Anwendung des § 10 d EStG, auf den § 10 b Abs. 1 Satz 4 EStG verweise, habe zur Folge, dass sämtliche Jahre seit 1995 auch bei Eintritt der Bestandskraft der entsprechenden Bescheide geändert und die anteilige Spende jeweils berücksichtigt werden könne. Mit Entscheidung vom 12.11.1998 wies der Beklagte den Einspruch mit im Wesentlichen folgender Begründung zurück:

Eine Änderung der in Frage stehenden Einkommensteuerbescheide sei nach den Änderungsvorschriften der Abgabenordnung nicht möglich. Zwar sei die Spende für besonders förderungswürdig anerkannte kulturelle Zwecke im Sinne des § 10 b Abs. 1 Satz 3 EStG verwendet worden. Gleichwohl sei eine Berücksichtigung der Spende in den Streitjahren aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht möglich, weil die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift nicht erfüllt seien.

Eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) könne nicht erfolgen, da es an der Existenz eines bindenden Grundlagenbescheides fehle. Die Spendenbescheinigung sei kein Grundlagenbescheid gemäß § 171 Abs. 10 AO, da ihr gesetzlich keine ausdrückliche Bindungswirkung zukäme. Die Existenz einer Spendenbescheinigung sei lediglich ein Beweismittel, um die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Steuervergünstigung zu belegen.

Ebenso komme eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 2 AO nicht in Betracht, da den Kläger ein grobes Verschulden daran treffe, dass die Spende dem Finanzamt erst nachträglich bekannt geworden sei. Der Kläger habe die in den Erklärungsformularen gestellte Frage nach eventuellen Spenden nicht vollständig beantwortet, obwohl e...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge