vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbarkeit von Umsätzen aus so genannten „Mailing-Aktionen”

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Umsätze aus sog. „Mailing-Aktionen” sind als einheitliche sonstige Leistungen in Deutschland steuerbar (§ 3 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. § 3a Abs. 1 UStG).
  2. Sind die Empfänger keine Unternehmer sondern karitative Vereinigungen, kommt die Sonderregelung des § 3a Abs. 4 i.V.m. § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG (Leistungsort am Sitz des Empfängers) nicht in Betracht.
  3. Bei einer Mailing-Aktion wird aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers i.d.R. ein untrennbares Gesamtpaket als Komplettdienstleistung angeboten.
 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 9 S. 1, § 3a

 

Streitjahr(e)

2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.10.2009; Aktenzeichen XI R 52/06)

 

Tatbestand

Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen in Zusammenhang mit der Planung, Herstellung und Distribution so genannter Mailings für gemeinnützige Organisationen in Italien.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 7. Juni 2001 gegründet. Einzige Gesellschafterin ist die A-Marketing International AG. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Aufbau und der Betrieb von Direktmarketing-Aktivitäten in Italien.

Für den Voranmeldungszeitraum August 2001 erklärte die Klägerin in der Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht-steuerbare und nicht-steuerpflichtige Umsätze, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen und machte gleichzeitig Vorsteuern in Höhe von 26.541,09 Euro geltend. Im Verlauf einer hieran anschließenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung reichte die Klägerin weitere Voranmeldungen ein, in denen sie ebenfalls nicht-steuerbare und nicht-steuerpflichtige Umsätze, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, und Vorsteuern in folgender Höhe geltend macht: 17.479,34 Euro (09/2001), 20.547,47 Euro (10/2001), 19.133,53 Euro (11/2001), 3.319,97 Euro (12/2001).

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Beklagte demgegenüber zu dem Ergebnis, dass die Klägerin steuerpflichtige sonstige Leistungen ausführe, die dem Regelsteuersatz unterlägen.

Mit ihren Leistungen erbringe die Klägerin insgesamt eine einheitliche sonstige Leistung, und zwar eine Werbekampagne, für die sich der Ort der Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG bestimme, und die damit steuerbar und steuerpflichtig sei. Der Leistungsempfänger verfolge nicht die Lieferung eines Briefes, sondern die Herbeiführung eines Effekts, den Anstieg der Mitgliedschaften, des Spendeneingangs o.ä.

Als „Leistungen, die der Werbung dienen” i.S.d. Abschnitts 39 Abs. 3 UStR seien die Leistungen zu verstehen, die bei den Werbeadressaten den Entschluss zum Erwerb von Gegenständen oder zur Inanspruchnahme von sonstigen Leistungen auslösen sollten. Hierunter zählten auch Leistungen, die bei den Werbeadressaten ein bestimmtes außerwirtschaftliches, z.B. politisches, soziales, religiöses Verhalten herbeiführen sollen. Es handelt sich vor allem um Werbeberatung (Nr. 1), Werbevorbereitung und -planung (Nr. 2), Werbegestaltung (Nr. 3), Werbemittelherstellung (Nr. 4), Durchführung von Werbung (Nr. 6); die sog. Direktwerbung.

Solche Werbeleistungen würden von der Klägerin erbracht:

- sie leiste Werbeberatung, indem sie die Kunden über die Möglichkeiten des modernen Direktmarketing, wie die Steuerpflichtige es betreibe, unterrichte. Sie führe sog. Marktpotentialermittlungen durch, mit der sie dem Kunden gegenüber die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit bestimmter Werbemaßnahmen herausstellen könne (Mailingplan als Prognoseinstrument);

- sie leiste alle vorbereitenden Maßnahmen zur Werbung, z.B.:

- Erstellung von Adressaten-Profilen

- Beschaffung von Adress-Daten

- Selektion der Adress-Daten nach den Kriterien der Adressaten-Profile

- EDV-mäßige Aufbereitung der Daten für Personalisierung von Drucksachen

- Erstellung von „Mailingplänen"” (Darstellung von Maßnahmen und Prognosen);

- sie leiste mit ihrer redaktionellen Arbeit die Werbegestaltung. Die Klägerin verstehe sich selbst als „ausgelagerte Redaktion” der Kunden;

- sie besorge und überwache die Werbemittelherstellung;

- sie übernehme für die Kunden die Verbreitung der Werbebriefe;

- sie übernehme auch die besonders zu erwähnenden nachbereitenden Arbeiten die wiederum eine entscheidende Bedeutung für die Vorbereitung weiterer Werbe-Maßnahmen (insbesondere Mailings) haben. Die Steuerpflichtige registriert und analysiert das Antwortverhalten („feed back”) der Werbe-Adressaten in ihrem „"Response-Center"”. Die gewonnen Daten beeinflussen „"Nachfass"”-Maßnahmen in ihrer Art und Wirtschaftlichkeitsprognosen künftiger Maßnahmen im Allgemeinen.

Bei diesem Leistungsbündel der Klägerin handele es sich um eine einheitliche Leistung. Diese enthalte (scheinbar) Elemente einer Lieferung (Ablieferung und Übereignung der versandfertigen Werbedrucksachen), aber gleichzeitig auch Elemente sonstiger Leistungen der Werbung. Die Einstufung der einheitlichen Leistung entwed...

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