Ehegatten, die gemeinsam die Herstellungskosten des von ihnen bewohnten Hauses getragen haben und die darin jeweils einen Raum für eigenbetriebliche Zwecke nutzen, können jedoch jeweils die auf diesen Raum entfallenden Herstellungskosten für die Dauer der betrieblichen Nutzung als Betriebsausgaben (AfA) geltend machen.[1] Nutzen also Ehegatten ein Gebäude gemeinsam zur Erzielung von Einkünften, kann jeder die seinem Anteil entsprechende AfA in Anspruch nehmen. Nutzt ein Miteigentümer-Ehegatte im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil des Wirtschaftsguts, z.  B. Arbeitszimmer, zur Einkünfteerzielung alleine, ist davon auszugehen, dass er Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen. Soweit sich die den Ehegatten jeweils zuzurechnenden Herstellungskosten auf den Miteigentumsanteil des anderen an dem Arbeitszimmer beziehen, sind sie zum Zwecke der Aufwandsverteilung "wie ein materielles Wirtschaftsgut" zu behandeln.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1

Gemeinsame Nutzung für betriebliche Zwecke

Die Eheleute A und B errichten mit gemeinsamen Mitteln auf einem ihnen je zur Hälfte gehörenden Grundstück ein Büro- und Praxisgebäude. Der Ehemann (Versicherungsvertreter) und die Ehefrau (Physiotherapeutin) nutzen jeweils die Hälfte des Gebäudes für eigenbetriebliche Zwecke, der Ehemann das Erdgeschoss für Bürozwecke, die Ehefrau das Obergeschoss als Praxis.

Beide Unternehmer-Ehegatten müssen je 25 % der Gebäude-Herstellungskosten auf dem Konto "Gebäude" aktivieren. Insoweit handelt es sich bei A um den Miteigentumsanteil an den eigenbetrieblich genutzten Büroräumen und bei B um den Miteigentumsanteil an den eigenbetrieblich genutzten Praxisräumen. Die restlichen von ihnen getragenen Herstellungskosten (je 25 %) sind als Aufwandsverteilungsposten "wie ein materielles Wirtschaftsgut" zu behandeln und nach den für Gebäude maßgeblichen AfA-Vorschriften abzuschreiben, jedoch mit der Einschränkung, dass steuerlichem Betriebsvermögen vorbehaltene Vergünstigungen und erhöhte Absetzungen (z. B. Abschreibungen nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) auf diese Aufwendungen nicht anwendbar sind.[2] Jedem Ehegatten steht folglich die volle AfA für die von ihm eigenbetrieblich genutzten Räume zu, zum einen als Gebäude-AfA und zum anderen im Rahmen der Abschreibung des Aufwandsverteilungspostens. Der Grund und Boden ist dagegen bei jedem Ehegatten m. E. nur zu 25 % als notwendiges Betriebsvermögen zu behandeln, die restlichen 25 % können aber wohl als gewillkürtes Betriebsvermögen ausgewiesen werden.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2

Gemischt genutztes Gebäudegrundstück im Miteigentum

Die Eheleute A und B erwerben ein unbebautes Grundstück in – jeweils hälftigem – Bruchteilseigentum. Auf diesem Grundstück errichten sie ein Gebäude, dessen Erdgeschoss (50 % der Nutzfläche) von A als freiberufliche Praxis genutzt wird, während das Obergeschoss eigenen Wohnzwecken der Eheleute dient.

Nach der Entscheidung des Großen Senats[3] ist davon auszugehen, dass A die Herstellungskosten aufgewendet hat, um die von ihm beruflich genutzten Räume allein nutzen zu dürfen. Ihm steht kraft Miteigentums die gesamte auf die Praxisräume entfallende AfA zu, ohne dass es eines Mietvertrags zwischen den Ehegatten bedarf. Die Berechtigung zur Vornahme von AfA setzt – wie erwähnt – nicht voraus, dass der Steuerpflichtige Eigentümer des Wirtschaftsguts ist, für das er Aufwendungen getätigt hat.

Auf die Betriebsvermögenseigenschaft des Erdgeschosses ist der Große Senat nicht eingegangen, doch dürfte das Erdgeschoss A insgesamt als Betriebsvermögen zuzurechnen sein, und zwar zur Hälfte als "Gebäude" und zur Hälfte "wie ein materielles Wirtschaftsgut" für die Verteilung des eigenen (restlichen) Aufwands.

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